Eine der grössten Biogasaufbereitungsanlagen der Schweiz wird auf einem Aargauer Recyclingareal von den Regionalwerken Baden und der Recycling Energie AG betrieben. In dieser Anlage in Niederwil (AG) werden Lebensmittelreste vergärt und Biogas hergestellt. Dem dabei entstehenden Rohgas wird Kohlenstoffdioxid (CO₂) entzogen. Dieses landete bis vor Kurzem in der Atmosphäre. Damit ist nun Schluss. Das CO₂ wird in einer speziellen Anlage aufgefangen und wiederverwendet.
Künftig wird jede Kläranlage CO₂ auffangen und verflüssigen müssen.
Total will die Firma mit der neuen Anlage im Aargauer Reusstal 4000 Tonnen CO₂ pro Jahr wiederverwenden, statt es in die Atmosphäre entweichen zu lassen. «Künftig wird jede Kläranlage, jede Kehrrichtverbrennungsanlage das CO₂ auffangen und verflüssigen müssen», sagt Werner Humbel, Verwaltungsratspräsident CO₂ Energie AG. Das aufgefangene CO₂ werde nach Norwegen verschifft und dort in den Boden verfrachtet. «Ohne diesen Prozess werden wir unsere CO₂-Ziele nie erreichen.»
Der ganze Prozess ist ziemlich komplex. Das herausgefilterte CO₂ der Biogasaufbereitungsanlage gelangt durch eine Leitung in die neue Verflüssigungsanlage. Dort wird es durch mehrere Teilschritte gereinigt, gefiltert und unter starkem Druck entwässert. «Anschliessend kühlen wir das fast reine CO₂ auf etwa minus 24 Grad herunter, sodass es sich verflüssigt», sagt Philippe Lehmann, Geschäftsführer der CO₂ Energie AG und Projektleiter bei den Regionalwerken Baden.
Das flüssige Material lagert die CO₂ Energie AG in grossen Tanks, bevor es das Industriegasunternehmen Messer Schweiz AG aus Lenzburg abholt und auf dem nationalen CO₂-Markt verkauft. Brauchen können das Gas dann zum Beispiel Firmen, die Trockeneis herstellen. Je nach Reinheit könne solches Gas auch für die Medizinaltechnik oder als Kohlensäure in Getränken verwendet werden, erklärt die Firma. Ihr flüssiges Gas wird vor allem für die Getränkeindustrie verwendet.
Die Anlage, die dafür nötig ist, ist relativ gross. Die Kernanlage hat etwa die Dimensionen eines Schiffscontainers; dazu braucht es noch zwei 12 Meter hohe Waschtürme. Das Gas wird in zwei ebenfalls 12 Meter hohen Tanks gelagert. Gebaut wurde die CO₂-Anlage direkt neben der Biogasanlage in Niederwil.
«Wir sind eine der ersten Anlagen, die den Betrieb schon aufgenommen haben. Es gibt noch keine Erfahrungswerte», sagt Projektleiter Philippe Lehmann über die Pionieranlage. Die Anlage selbst hat drei Millionen Franken gekostet.
Kohlensäure aus der Schweiz statt aus Tschechien
Stellt sich die Frage, was es bringt, CO₂ zu speichern und zu verkaufen, wenn es am Ende via Trockeneis oder Sprudel im Cola doch wieder in die Atmosphäre gelangt? Das bringe einiges, sagt Werner Humbel, Besitzer der Firma Recycling Energie AG in Niederwil: Bis jetzt werde Trockeneis mehrheitlich aus Tschechien in die Schweiz importiert. 60'000 Tonnen flüssiges CO₂, das man dort aus dem Boden hole, gelange pro Jahr in die Schweiz.
Dank der neuen Anlage im Aargau seien weniger Importe, also Fahrten nötig, die wiederum CO₂ produzieren beziehungsweise ausstossen. Auch diese Vermeidung von CO₂ helfe der Umwelt unter dem Strich, sind die Verantwortlichen der Aargauer Pionieranlage überzeugt. Natürlich sei es ein Tropfen auf den heissen Stein, aber ein Anfang im Kampf gegen die Klimaerwärmung, ist man hier überzeugt.