Die Post besorgt heute bereits die Informatik bei fünf von sieben Anbietern des elektronischen Patientendossiers. Den sechsten und grössten Anbieter Axsana will sie nun per Ende September übernehmen, wie sie am Dienstag mitteilt.
Ein sinnvoller Kauf, sagt Post-Sprecher Erich Goetschi: «Wir übermitteln seit 170 Jahren Informationen sicher und vertrauenswürdig. Dass wir uns im Gesundheitssystem mit sensiblen digitalen Daten engagieren, ist logisch.»
Das elektronische Patientendossier hat sich noch kaum durchgesetzt. Künftig aber soll es Standard sein: Arztberichte, Röntgenbilder, Medikamentenpläne – alles soll dort gespeichert sein. Es geht also um höchst sensible Daten.
Aber dafür brauche es doch nicht die Post, sagt Andrea Caroni. Der FDP-Vizepräsident und Ständerat kritisiert den gelben Riesen scharf. «IT-Dienstleistungen können Private anerkanntermassen bestens anbieten, auch besser als der Staat generell. Von daher gibt es keinen Grund, dass die Post gewöhnliche IT-Dienstleistungen anbietet und sich wie eine Krake ausbreitet.»
Es wäre gut für die Schweiz, wenn die Post als öffentlicher Betrieb die Kontrolle über so sensible Informationen hätte.
Von wegen Krake – die Post biete «digitalen Service public», entgegnet der SP-Vizepräsident und Nationalrat, Jon Pult. Er wünscht sich gar, dass die Post beim elektronischen Patientendossier die Informatik aller Anbieter betreibt. «Es wäre gut für die Schweiz, wenn die Post als öffentlicher Betrieb die Kontrolle über so sensible Informationen hätte.»
Gelber Riese unter Druck
Doch bürgerliche Politiker wollen den gelben Hunger auf weitere Firmenkäufe im IT-, Logistik- und gar Werbebereich zügeln. Eine Parlamentsmehrheit hat vor einigen Monaten entschieden: Sie will staatseigene Betriebe einschränken. Wie genau, ist offen.
Als Staatsbetrieb sei die Post heute im Vorteil gegenüber privaten Firmen, sagt Caroni: «Sie hat längere Spiesse bei der Kreditaufnahme und verfügt teilweise über Monopole. Wenn der Staat schon so auftritt, sollte er das mindestens mit gleich langen Spiessen tun.»
Verluste bei Grundversorgung decken
Die Post hält dagegen: Man arbeite ohne Subventionen und decke mit Gewinnen auf dem freien Markt Verluste bei der Grundversorgung, vor allem bei der Briefpost. Rückendeckung gibt es vom Sozialdemokraten: Nationalrat Pult sieht kein Problem, wenn die Post private Firmen konkurrenziert.
«Aus Sicht des einzelnen Unternehmens kann das zwar stossend sein», räumt Pult ein. Am Schluss sei die Frage aber einfach: «Wollen wir eine Post, die in den digitalen Service public eindringen und so auch eigenwirtschaftlich die Grundversorgung gewährleisten kann – oder wollen wir das künftig mit Steuermitteln finanzieren?»
Man muss sich grundsätzlich überlegen, ob es nicht zu einer Trennung zwischen wirtschaftlichen Aktivitäten und dem Grundversorgungsauftrag der Post kommen soll.
Steuergeld für die Post sei doch sicher nicht in ihrem Sinn, sagt Pult an die Adresse der Bürgerlichen. Auf dieses Argument will Judith Bellaiche nicht einsteigen: Die grünliberale Nationalrätin leitet den IT-Branchenverband «Swico» und vertritt somit private Post-Konkurrenten.
Bellaiche regt eine Aufspaltung der Post an: «Man muss sich grundsätzlich überlegen, ob es nicht zu einer Trennung zwischen wirtschaftlichen Aktivitäten und dem Grundversorgungsauftrag kommen soll.» Letzterer könne dann staatlich finanziert sein. «Aber die privaten Aktivitäten müssen liberalisiert sein.»
Die Post aufspalten? Eher fraglich, ob das mehrheitsfähig wird. Die Front der Post-Kritiker ist sehr breit – wenn es aber um Lösungsansätze geht, kriegt sie rasch Risse.