- In der Schweiz entwickelte Flugabwehrsysteme werden bald in der Ukraine im Einsatz stehen.
- Das ist rechtens, denn die Waffen werden nicht in der Schweiz, sondern in Italien produziert.
- Für Mitglieder der Sicherheitspolitischen Kommission des Nationalrats geht das in Ordnung.
Ein Sprecher des deutschen Rüstungsunternehmens Rheinmetall bestätigte die Waffenlieferung an die Ukraine im Wert von rund 183 Millionen Franken. Die «SonntagsZeitung» hatte zuerst darüber berichtet. In einer Mitteilung im vergangenen Dezember sprach das Unternehmen noch von einer Lieferung «an einen internationalen Kunden».
Die Ukraine erhält damit Flugabwehrsysteme des Typs «Skynex». Entwickelt wurden sie von Rheinmetall Air Defence in Zürich – ursprünglich die Firma Oerlikon. Gefertigt werden die Systeme am italienischen Standort in Rom von Rheinmetall Italia. Von dort aus würden sie auch geliefert, sagte ein Unternehmenssprecher.
Transfer von Know-how erlaubt
Die Schweiz verbietet zwar die Ausfuhr von Kriegsmaterial an die Ukraine, nicht aber den Know-how-Transfer an Italien. Das ermöglicht faktisch, das Verbot der Kriegsmaterialausfuhr der Schweiz zu umgehen. Das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) bestätigt, dass Rheinmetall für diese konkrete Ausfuhr keine Bewilligung braucht.
Zwar ist Know-how für die Entwicklung, Herstellung oder den Gebrauch von Kriegsmaterial von wesentlicher Bedeutung und gemäss dem Schweizer Kriegsmaterialgesetz grundsätzlich bewilligungspflichtig. Die Kriegsmaterialverordnung sieht jedoch Ausnahmen vor, die unter anderem Italien umfasst.
Ein Schlupfloch?
Hier von einem Schlupfloch zu sprechen, findet Nationalrat Mauro Tuena (SVP/ZH) etwas weit hergeholt, wie er gegenüber SRF News sagt. «Fakt ist, dass das Gerät nicht in der Schweiz gebaut worden ist, sondern in Italien von einer deutschen Firma. Es hat eigentlich mit der Schweiz nichts zu tun.» Das Kriegsmaterialgesetz sei damit nicht tangiert, sagt der Präsident der Sicherheitspolitischen Kommission (SiK) des Nationalrats.
Das Gerät hat eigentlich mit der Schweiz nichts zu tun.
Auch in der SiK-N sitzt Franziska Roth (SP/SO). Für sie ist das Waffengeschäft ebenfalls gesetzeskonform. Und sie finde es auch richtig, dass die Schweiz so einen Beitrag leiste: «Das Flugabwehrsystem ist ein wichtiger Teil, der die Ukraine schützen kann», sagt Roth.
Kritischer sieht das die Gruppe Schweiz ohne Armee (GSoA). Zwar anerkenne sie das Recht der Ukraine auf Selbstverteidigung an, dennoch müsse dieses Schlupfloch beseitigt werden, fordert GSoA-Sekretärin Anja Gada: «Es geht darum, dass Schweizer Waffen nicht in Länder gelangen, die Menschenrechte schwerwiegend verletzen», sagt sie.
Ausfuhr in anderen Fällen untersagt
Laut der «Sonntags-Zeitung» sind zuvor zwei Gesuche für eine Ausfuhrbewilligung des gleichen Flugabwehrsystems von der Schweiz aus abgelehnt worden – mit Verweis auf das Kriegsmaterialgesetz. Die in Zürich ansässige Rheinmetall Air Defence wollte das Abwehrsystem 2017 an Thailand und 2018 an Ägypten liefern.
Hingegen durfte Rheinmetall aus der Schweiz die gleichen Flugabwehrsysteme 2021 für die Fussball-Weltmeisterschaft nach Katar liefern.
Ob Rheinmetall für die Lieferung aus Italien ein entsprechendes Gesuch eingereicht hat, will das Seco nicht beantworten. Man äussere sich nicht zu Gesuchen von konkreten Firmen, hiess es.