Frierende Schulkinder, ausgesperrte Vereine oder düstere Strassenbeleuchtung in der Nacht – das alles sind mögliche Szenarien, wenn es in Sachen Strommangel ernst wird. Der Bund beauftragte im Dezember 2021 Grossverbraucher wie Gemeinden, Städte oder Firmen damit, Überlegungen und Ideen anzustellen, wie im Ernstfall Strom gespart werden kann.
Die St. Galler Gemeinde Jonschwil ging diesen Auftrag schnell an und hat mögliche Massnahmen ausgearbeitet und publiziert. Und dabei geht es eben um möglicherweise frierende Schulkinder. «Massnahmen tun weh», titelt das «GemeindeAktuell» von Jonschwil. Sollte es zu einer Strommangellage kommen, will das Dorf so vorgehen:
- Weil ein Teil der Schulanlagen mit Erdwärmesonden geheizt wird, könnte dort mittels einer generellen Temperatur-Absenkung Strom eingespart werden.
- Im Winterhalbjahr könnten alle Schulanlagen nach Schulschluss geschlossen werden, was das Vereins- und Dorfleben beeinträchtigten würde.
- In puncto Strassenbeleuchtung könnte eine stärkere Dimmung oder eine Beschränkung der Beleuchtung auf wichtige Kreuzungen Strom einsparen.
- Ein Runterfahren in der Kläranlage im Winterhalbjahr über Nacht wäre ebenfalls eine Massnahme.
Unabsehbarer Einfluss des Ukraine-Kriegs
Diese Massnahmen können sehr einschneidend sein. Der Jonschwiler Gemeindepräsident Stefan Frei sagt aber: «Wir können die Leute fragen: Wollen Sie lieber am Abend zuhause keinen Strom, oder in einem öffentlichen Gebäude, etwa in einer Turnhalle oder einem Konzertsaal? Die Leute beginnen dann zu überlegen, was wichtiger ist.»
Der Strommangel könnte nun deutlich schneller kommen.
Eine Stromknappheit gilt – vor allem auch wegen des Kriegs in der Ukraine – nicht mehr als unrealistisch. «Ich hätte auch davor gesagt, dass ein Strommangel im Jahr 2025 möglich ist», sagt Frei. Gründe dafür seien etwa die Veränderungen im Verkehr, weg von fossilen Brennstoffen hin zu E-Autos, sowie vermehrte Gesuche für Heizungsumstellungen von Öl oder Gas zu Wärmepumpen. «Der Mangel könnte nun deutlich schneller kommen.»
Mehr Möglichkeiten in urbanen Gebieten
Die Vorgaben des Bundes sind drastisch: Um 20 Prozent soll der Stromverbrauch im Ernstfall gesenkt werden. «Sonst drohen sogar Bussen», sagt Peter Stäger von den St. Galler Stadtwerken, der als Vertreter eines Energieversorgers in der Krisenorganisation Ostral Einsitz nimmt.
Die Massnahmen von Jonschwil seien überlegt, so Stäger. Anders sieht es in der Stadt St. Gallen aus, wo er involviert ist: «St. Gallen hat bis jetzt keine Veröffentlichungen gemacht, da ist man erst in der Planung.» In Jonschwil sei man schon weit.
In urbanen Gebieten sind die Möglichkeiten zur Stromverbrauchsreduzierung ähnlich wie in ländlicheren Regionen. Es gibt dort aber auch noch weitere Optionen – so könnten beispielsweise Buslinien gestrichen oder ausgedünnt werden.