Nächste Woche beantragt die Nationale Genossenschaft für die Lagerung radioaktiver Abfälle (Nagra) beim Bund die Rahmenbewilligung für den Bau eines Tiefenlagers am Standort Nördlich Lägern. Es ist ein nächster Schritt in der langen Suche nach einer Lösung für die Atommüll-Problematik. Ein Überblick.
Zuerst versenkt, später gesetzlich geregelt
1969 – Atommüll ins Meer: Ende der 1960er-Jahre wird in der Schweiz mit Beznau I das erste Atomkraftwerk in Betrieb genommen. Die Frage, was mit dem nuklearen Abfall geschehen soll, ist zu dem Zeitpunkt nicht geklärt. Eine günstige Lösung, die verschiedene Länder, auch die Schweiz , anwenden: die sogenannte «Verklappung», das Versenken radioaktiver Abfälle im Meer. Gemäss der Internationalen Atomenergiebehörde versenkt die Schweiz bis 1982 insgesamt 7420 Fässer Atommüll an drei Standorten im Meer. 1993 wird die Praxis weltweit verboten.
1972 – Gründung der Nagra: Am Umgang mit Atomabfällen gab es früh Kritik. Die Produzenten von radioaktiven Abfällen gründeten zusammen die Nationale Genossenschaft für die Lagerung von radioaktiven Abfällen (Nagra). Ein paar Jahre später wird das Atomgesetz ergänzt: Erzeuger radioaktiver Abfälle waren fortan verantwortlich für die Entsorgung dieser Abfälle.
Die Nagra bohrt – die Bevölkerung protestiert
1980 – Suche nach Standort: Die Nagra startet die geologischen Untersuchungen an verschiedenen Standorten. In Böttstein (AG) findet 1982 die erste Bohrung statt. Die Nagra will mit den Untersuchungen den Beweis erbringen, dass die Lagerung von radioaktiven Abfällen in einem Tiefenlager möglich ist. Doch überall, wo die Nagra ist, formiert sich Widerstand aus der Bevölkerung.
1993 – Nein zum Wellenberg: Die Nagra schlägt den Wellenberg im Kanton Nidwalden als Standort für ein Tiefenlager für radioaktive Abfälle vor, er ist einer von vier möglichen Standorten. Zwei Jahre später lehnt die Bevölkerung in einer kantonalen Abstimmung das Endlagerprojekt mit 52 Prozent Nein-Stimmen ab. Die Nagra konzentriert sich fortan auf andere Standorte.
2022 – Standort Nördlich Lägern: Nach jahrzehntelanger Suche fällt die Nagra den Standortentscheid: Das Tiefenlager soll im Gebiet Nördlich Lägern im Zürcher Unterland gebaut werden. Auch hier gibt es Widerstand aus der Bevölkerung, etwa vom Verein «Nördlich Lägern ohne Tiefenlager».
Ausblick: Noch fehlt die Bewilligung
2024 – Gesuch für Rahmenbewilligung: Nun reicht die Nagra das Gesuch für die Rahmenbewilligung für den Bau des Tiefenlagers am Standort Nördlich Lägern ein. In dem Lager sollen sowohl schwach- und mittelaktive als auch hochaktive Atomabfälle eingeschlossen werden. Das Bewilligungsverfahren dauert mehrere Jahre. 2029 soll der Bundesrat den Entscheid über die Bewilligung und damit den Bau am Standort Nördlich Lägern fällen.
2045 – Baubeginn des Endlagers: Der Baustart ist für 2045 geplant. Die ersten schwach- und mittelaktiven Abfälle sollen etwa ab 2050 eingelagert werden. Ab 2060 sollen auch hochradioaktive Abfälle im Lager deponiert werden.
2125 – Verschluss Tiefenlager: Das Tiefenlager wird verschlossen und die Infrastruktur an der Oberfläche abgebaut. Eine Million Jahre lang soll der radioaktive Abfall hier nun sicher verschlossen bleiben können. Dieser Zeitraum wurde in der Schweiz festgelegt, um sicherzugehen, dass der Atommüll Mensch und Umwelt nicht schadet.