Der Bund hat sich bei den AHV-Prognosen um Milliarden verrechnet. Die AHV-Ausgaben dürften 2033 rund vier Milliarden Franken oder rund sechs Prozent tiefer ausfallen als bisher berechnet. Trotz der voraussichtlichen Entlastung werde die finanziellen Herausforderungen für die AHV bestehen bleiben, sagt Bundesrätin und Finanzministerin Karin Keller-Sutter.
SRF News: Was ging Ihnen durch den Kopf, als Sie über den AHV-Rechenfehler des Bundes informiert wurden?
Karin Keller-Sutter: Ich war natürlich sehr erstaunt, dass dieser Fehler passieren konnte. Es ist auch eine schwierige Situation, weil man das Vertrauen wiederherstellen muss. Dieses Vertrauen braucht es auch für künftige AHV-Revisionen. Das Bundesamt für Sozialversicherungen hat in Aussicht gestellt, dass im September eine neue Berechnung kommt.
Der Bund wird voraussichtlich künftig weniger an die AHV zahlen müssen. Was bedeutet das?
Kurzfristig ändert sich nichts, denn 2025/2026 wäre die Belastung durch die AHV ohnehin etwa gleich hoch gewesen. Für die Jahre 2027/2028 haben wir weiterhin im Bundesbudget einen Bereinigungsbedarf von 2.5 Milliarden. Zudem muss auch die 13. AHV-Rente finanziert werden. Das wird sich nicht ändern. Insofern ist es keine Verbesserung.
Die Situation ist weniger schlecht, als sie vorher dargestellt wurde. Aber die Ausgaben in der AHV sind immer noch defizitär.
Insgesamt wird der Bundeshaushalt um einige Hundert Millionen – 2033 sind es 800 Millionen – gegenüber den Erwartungen entlastet.
Was 2033 ist, kann ich heute noch nicht sagen. Aber die Menschen werden immer älter; es gibt mehr Rentnerinnen und Rentner, und deshalb steigt auch der Finanzbedarf des Bundes weiter an.
Trotzdem weckt die Nachricht bereits Begehrlichkeiten, beispielsweise dass man die Witwenrenten nicht kürzt. Was antworten Sie solchen Stimmen?
Das ist jetzt eine Frage der politischen Auseinandersetzung. Man muss einfach sehen, dass mit der 13. AHV-Rente das Umlageergebnis bereits 2026 negativ sein wird. Man muss es so sagen: Die Situation ist weniger schlecht, als sie vorher dargestellt wurde. Aber die Ausgaben in der AHV sind immer noch defizitär.
Ihr Vorschlag ist, dass die 13. AHV-Rente die Bundeskasse nicht stärker belastet, indem der Bundesanteil gekürzt wird. Das scheint jetzt noch chancenloser zu sein.
Es wird sicherlich heftige Diskussionen geben. Die Frage ist, wie man mit dem Bundeshaushalt umgeht. Ich habe es vorhin gesagt: Ab 2026 bedeutet das Mehrausgaben von 800 Millionen allein für die 13. Rente. Jetzt kann man darüber diskutieren, ob man das will oder nicht.
Selbst wenn die Zahlen jetzt etwas besser sein sollten, die 13. AHV-Rente ist nicht finanziert.
Der Bund hat für die kommenden Finanzplanjahre bereits einen tieferen Bundesanteil eingestellt. Dies bedeutet: Das Ergebnis für den Bund wird nicht besser sein, sondern eher schlechter. Die Diskussion um die AHV-Finanzen wird sicher nicht einfacher.
FDP, SVP und GLP fordern, dass man die 13. AHV-Rente zuerst nicht finanziert, sondern abwartet und später mit einer umfassenden Revision finanziert. Auch das hat jetzt Auftrieb.
Ja, aber der Bundesrat ist nicht dieser Meinung. Denn selbst wenn die Zahlen jetzt etwas besser sein sollten, diese Rente ist nicht finanziert. Hier braucht es schon eine Verantwortung und der Bundesrat wird diese Verantwortung wahrnehmen.
Oft drängt man uns dazu, genaue Prognosen zu machen, die wir eigentlich nicht oder nicht mit gutem Gewissen machen können.
Es gab bereits Schätzungsfehler in Ihrem Departement, zum Beispiel bei der Heiratsstrafe. Stück für Stück mindert dies das Vertrauen der Bevölkerung. Was hat das für Folgen?
Das ist sicherlich nicht gut. Denn jede Fehleinschätzung untergräbt das Vertrauen. Auf der anderen Seite muss ich sagen: Wir leben in einer Zeit, in der man alles auf Punkt und Komma genau voraussagen will. Und das ist einfach nicht möglich. Oft drängt man uns dazu, genaue Prognosen zu machen, die wir eigentlich nicht oder nicht mit gutem Gewissen machen können.
Das Gespräch führte Dominik Meier.