Ein Handwerker fällt von der Leiter und liegt verletzt in einem Schacht. «In solchen Situationen hilft es dem Rettungsdienst, wenn er sich bereits vor dem Ausrücken ein Bild der Situation machen kann», sagt Michel Eigenmann, Leiter der Notrufzentrale beider Basel. Und hier soll die Software «Emergency Eye» helfen.
Die Software funktioniert folgendermassen: Wenn jemand in die Notrufzentrale anruft, wird der Anruferin oder dem Anrufer ein Link zugesendet. Via Link bestätigt die Person, dass der Rettungsdienst sie orten darf und auch Zugriff zur Kamera bekommt.
Es werden nicht einfach Handys freigeschaltet. Die Person, die anruft, muss auch immer das Okay geben.
So kann die verletzte Person oder die Örtlichkeit gefilmt werden. Der Rettungsdienst erhält so wertvolle Informationen. Die Software benötigt lediglich guten Empfang, es muss keine Datei im Voraus heruntergeladen werden.
Mit den zusätzlichen Informationen aus dem Video kann der Rettungsdienst die alarmierende Person auch bei der Ersten Hilfe unterstützen. Oder noch weitere Rettungskräfte aufbieten, zum Beispiel die Feuerwehr.
In puncto Datenschutz sei die neue Software unbedenklich, sagt die zuständige Sicherheitsdirektorin Stephanie Eymann. Die Aufnahmen, die mit dem Handy gemacht werden, werden nicht gespeichert. «Es ist keine Pflicht, und es werden nicht einfach Handys freigeschaltet. Die Person, die anruft, muss auch immer das Okay geben», so Eymann.
Gutes Signal ist zentral
Seit Oktober 2024 benutzt die Notrufzentrale der beiden Basel die Software. 460 Mal wurde der Link zur Software versendet, aber nicht immer erfolgreich. In Gebäuden oder an abgelegenen Orten sei der Empfang nicht gut genug, um die Software auch zu nutzen. In 30 Prozent der Fälle klappte die Übermittlung nicht.
Auch die Basler Polizei nutze die Software, sagt Polizeisprecher Rooven Brucker. Sie werde bei der Polizei aber deutlich seltener eingesetzt. Gerade Menschen, die sich in gefährlichen Situationen befinden, sollen sich durch das Filmen nicht noch weiter gefährden, so Brucker.
Die Software verfügt aber auch über eine Chat-Funktion, die fortlaufend aus 15 Sprachen übersetzen kann. Diese Funktion würde die Polizei häufiger benutzen.
Schweizweit noch wenig genutzt
Viele Kantone nutzen die Software noch nicht. So zum Beispiel die Kantone Bern, Freiburg und Wallis. Auch aus Zürich heisst es vom Mediensprecher: «Bei der Kantonspolizei Zürich kommt diese App nicht zum Einsatz.»
Der Kanton St. Gallen bekundet Interesse. Lediglich in den Kantonen Aargau und Solothurn gibt es auch Polizeikorps, die die gleiche Technologie nutzen.