Es sind keine einfachen Zeiten für Juden und Jüdinnen in der Schweiz, denn Fälle von Antisemitismus häufen sich. Der Schweizerisch-Israelitische Gemeindebund (SIG) schreibt in seinem aktuellen Antisemitismus-Bericht von einer Verdreifachung der Fälle.
Mit dieser Ausgangslage übernimmt er keine einfache Aufgabe: Ralph Friedländer ist der neue Präsident des Schweizerisch-Israelitischen Gemeindebunds (SIG). Die Delegierten haben damit eine Rochade an der Spitze ihrer Organisation vollzogen. Die 94 Delegierten wählten Friedländer per Akklamation. Der neue Präsident ist Mitglied der Jüdischen Gemeinde Bern (JGB). Seit 2020 war er SIG-Vizepräsident und Präsident der JGB.
Der bisherige Präsident Ralph Lewin übernimmt das Vizepräsidium. Lewin hatte sich nach vier Jahren im Präsidentenamt noch fürs Vizepräsidium zur Verfügung gestellt. Der 71-Jährige war SP-Regierungsrat in Basel.
Internationale Erfahrungen
Ralph Friedländer wurde 1959 in Maputo, Mosambik, geboren und wuchs in Genf und Lugano auf. Der studierte Psychologe blickt auf eine über 30-jährige Karriere beim Bund zurück. Unter anderem arbeitete er beim Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) und bei der Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (Deza). «Ich habe jahrelang in der internationalen Zusammenarbeit gearbeitet. Diese Erfahrung möchte ich einbringen. Ich glaube fest an das Prinzip Tikkun Olam [hebräisch «Verbesserung der Welt»].»
Bis Ende Mai leitete Friedländer die Geschäftsstelle der ausserparlamentarischen Kommission für internationale Zusammenarbeit. Nach seiner Pensionierung verfüge er nun über die nötigen Ressourcen für das Präsidentenamt.
Friedländer will sich für eine Antisemitismusstrategie in der Schweiz einsetzen. «Vielleicht wird ein Antisemitismusbeauftragter ernannt, der aktiv werden kann. Und wir wollen auch eine Sensibilisierung, was Judentum ist, in der Schweiz verstärken.»
Resolution zum Gaza-Krieg
Die SIG-Delegierten verabschiedeten auch eine Resolution zu Israel und dem Gaza-Krieg. Darin verurteilen sie den Hamas-Terrorakt und die damit verbundenen Verharmlosungen. Parlament und Bundesrat müssten das Verbot der Hamas schnell umsetzen und sich stärker für die Freilassung israelischer Geiseln einsetzen. Die Delegierten äusserten aber auch Bedauern über das Leiden der Zivilbevölkerung im Gazastreifen. Bund und Kantone müssten Massnahmen gegen den steigenden Antisemitismus ergreifen, auch an den Hochschulen.