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Ruag-Betrugsfall Das kolossale Versagen von der Ruag-Spitze bis ins VBS

Niemand kann behaupten, man hätte nicht gewusst, wie schlecht es um die Kultur im staatseigenen Rüstungsbetrieb Ruag stand. Schon 2016 warnte die eidgenössische Finanzkontrolle: Das System Ruag sei anfällig für Korruption, die internen Regeln seien zu verbessern.

Doch seither verschlimmerte sich der Zustand der Ruag eher noch.

Seit dem Cyberangriff ging es bergab

Nach einem grossen Cyberangriff, ebenfalls 2016, bei dem sensible Daten der Armee gehackt wurden, entschied der Bundesrat, den Rüstungsbetrieb aufzuspalten. Der ganze Weltraumbereich wurde abgetrennt.

Verblieben ist die Ruag Schweiz, die primär für die Schweizer Armee Systeme wartet und produziert.

Fünf Chefs in vier Jahren

Diese Abspaltung ist der Ruag offensichtlich nicht gut bekommen: Die Führungsstrukturen mussten neu aufgebaut werden, es ging drunter und drüber. In den letzten vier Jahren hatte das Unternehmen fünf Geschäftsleiterinnen und Geschäftsleiter und drei verschiedene Finanzchefs. So kam keine Ruhe in den Betrieb.

Möglicherweise sind diese Turbulenzen auch eine Erklärung, wieso die kriminelle Energie eines ehemaligen Kadermitarbeiters unentdeckt blieb. Wobei der neue Verwaltungsratspräsident Jürg Rötheli vermutet, dass die mutmasslichen Betrügereien möglicherweise System hatten. Es sei kaum vorstellbar, dass der Kadermitarbeiter über Jahre ohne Mitwissende agieren konnte.

Kontrolle im VBS hat nicht funktioniert

Versagt haben auch die Kontrollmechanismen im VBS. Die Untersuchung der Finanzkontrolle bringt ans Licht, dass ein Whistleblower schon 2019 Bundesrätin Viola Amherd und den Ruag-Ver­waltungs­rats­präsi­denten über die mutmasslichen Betrügereien informiert hatte. Doch die Ruag meldete dem Verteidigungsdepartement fatalerweise zurück, es sei alles in Ordnung.

Grundsätzlich werfen die Untersuchungsberichte der Finanzkontrolle die Frage auf, ob das VBS die Ruag genügend eng begleitet und kontrolliert hat. Die Zielerreichung der Ruag sei zu wenig kritisch hinterfragt worden, moniert die Finanzkontrolle.

Dämpfer für Amherd

Nachdem die dubiosen Panzer-Ersatzteilgeschäfte via Medien dann doch ans Tageslicht gekommen waren, leitete Bundesrätin Viola Amherd eine umfassende Untersuchung ein, die auch zu diesen Berichten der Finanzkontrolle geführt haben. Doch die politische Verantwortung für die Vorkommnisse in der Ruag fallen nun zumindest teilweise auf die Verteidigungsministerin zurück.

Der Brief des Whistleblowers sei an den damaligen Ruag-Ver­waltungs­rats­präsi­denten adressiert gewesen, rechtfertigt sich Viola Amherd jetzt. Und die Gespräche zwischen dem VBS und der Ruag seien immer korrekt protokolliert worden, lässt die abtretende Bundesrätin mitteilen. Nach der scharfen Kritik der Finanzaufsicht des Parlaments an sieben milliardenteuren VBS-Projekten in Schieflage ist der Betrugsfall Ruag ein weiterer empfindlicher Dämpfer wenige Wochen vor Viola Amherds Abschied aus dem VBS.

Ruag ins VBS integrieren?

Aus dem Parlament kommt inzwischen die Forderung, die Ruag sei an die kurze Leine zu nehmen. Der Bundesrat hat dazu bereits ein Gutachten erstellen lassen. Da die Ruag sicherheitspolitisch unverzichtbar sei für die Schweiz, sei die Form der privaten AG nicht mehr zeitgemäss, so das Fazit vom letzten November. Eine Möglichkeit wäre, die Ruag komplett ins VBS zu integrieren.

Ob dieser letzte Schritt eine Mehrheit findet, muss sich zeigen. Klar scheint, dass der Bund mehr Kontrolle über sein eigenes Rüstungsunternehmen ausüben muss.

Andy Müller

Bundeshausredaktor

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Andy Müller ist Bundeshausredaktor des Schweizer Fernsehens. Zuvor war er Themenplaner und stellvertretender Redaktionsleiter von «10vor10».

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Heute Morgen, 25.02.2025, 06:00 Uhr

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