Manchmal werde ich als Kabarettistin an Orte eingeladen, die mir ansonsten verschlossen blieben. Zum Beispiel in ein 5-Sterne Spa-Hotel am See.
Als ich dort zuerst einen jungen Mann unter der Schwalldusche im Aussenpool E-Mails an seinem wasserdicht verpackten Handy beantworten sah und kurz darauf eine Frau im Bademantel, die Haare noch nass vom Dampfbad, in den Hotelschlappen eine telefonische Beratung zur Farbauswahl eines Spannteppichs durchführte, kam ich mir plötzlich sehr faul vor, so ganz ohne Handy und Arbeit im Wellnessbereich.
Ganz nach dem Motto: Ab ins warme Nass, so macht Arbeit Spass!
«Workation», eine Wortschöpfung aus «Work» und «Vacation», war gestern. Heute heisst es «Workness» – «Work» und «Wellness». Im Spa-Bereich gibts keine Haushaltspflichten, keine Kinder, keine Haustiere. Hier kann man ungestört der Lohnarbeit nachgehen. Ganz nach dem Motto: Ab ins warme Nass, so macht Arbeit Spass! Konzentration dank Hitze-Exposition!
Neuerdings arbeiten sogar Staatsangestellte im Wellnessbereich. Der «Blick» titelte diese Woche: «Albert Röstis Beamte absolvieren Workshops in Wellness-Hotels». Schon klar, Asphalt, Beton, Abgas – das Bundesamt für Strassen, Astra, ist sicher ein hartes Pflaster. Da ist ein wenig Entspannung angebracht.
Dafür kriegt man in Zürich fast drei Kaffees!
Unangebracht allerdings ist, dass man dabei, laut «Blick», gegen die Vorschriften des Astra verstiess: Eine auswärtige Übernachtung inkl. Frühstück darf nämlich pro Person maximal 250 Franken kosten. In einem der Hotels lag der Preis jedoch bei satten 25 Franken mehr. Dafür kriegt man in Zürich fast drei Kaffees! Genehmigt wurde das Ganze vom Astra-Direktor Jürg Röthlisberger höchstpersönlich.
Auf die Nachfrage, warum Aufenthalte in 4-Sterne-Wellnesshotels für Bundesangestellte überhaupt notwendig seien, entgegnete der Sprecher des Astra, dass ein solcher Rückzug den Teamgeist stärke. Klar! Wer die eigene Chefin nackt in der Sauna schwitzen sieht, baut Vertrauen auf einem anderen Level auf. Who sweats together, stays together!
Wenn die Chefin dann noch auf dem nassen Steinboden vor dem Innenpool ausschlipft und die Stellvertreterin sie zuverlässig auffängt, weiss die Führungskraft: Auf die kann ich mich verlassen. So spart man sich im Optimalfall eine ganze Woche Teambuilding-Workshop im Büro.
Nackt sind wir alle gleich.
Apropos Sparen: Vielleicht wurden die überbordenden Hotel-Ausgaben ganz gezielt getätigt, um Schweiz Tourismus zu unterstützen. Die erhalten laut Massnahmenplan künftig nämlich rund 20 Prozent weniger Bundesunterstützung. Vielleicht war es also eine staatliche Abfederungsmassnahme.
Für den nächsten Firmen-Retreat würde ich einen Workshop zur Steigerung der Belastbarkeit vorschlagen – während eines mehrtägigen Aufenthalts in einer Kita. Die könnte man damit ebenso unterstützen, schliesslich sind auch die Kitas von den Sparplänen des Bundes betroffen. Und man sollte doch alle gleich behandeln. Das lehrt uns schliesslich die Sauna: Nackt sind wir alle gleich.