Bei der Abstimmung über die Ecopop-Initiative im vergangenen November haben in erster Linie diejenigen Stimmbürger Ja gesagt, welche die Zuwanderung begrenzen wollten. Die Umwelt-Anliegen von Ecopop, wie auch der vorgeschlagene Beitrag an die Familienplanung in armen Ländern, blieben weitgehend unbeachtet. Pascal Sciarini, Studienleiter der Universität Genf, sagte zu SRF: «Aspekte, die sich mit Umweltanliegen oder Familienplanung in ärmeren Ländern beschäftigten, spielten überhaupt keine Rolle.»
Zweites Argument für ein Ja zu Ecopop war die Absicht, das Bevölkerungswachstum einzudämmen. Erst an dritter Stelle war es die Bekräftigung eines kleinen Anteils Stimmberechtigter, die mit einem Ja zu Ecopop ihre Unterstützung für die Masseneinwanderungs-Initiative unterstreichen wollten. Damit sollte der Druck auf den Bundesrat für eine wortgetreue Umsetzung aufrecht erhalten bleiben.
Diese Schlussfolgerung macht die VOX-Analyse der eidgenössischen Abstimmung vom 30. November 2014, die im Auftrag der Bundeskanzlei erstellt wurde.
Zuwanderung als Problem
Obwohl die Stimmberechtigten die Ecopop-Initiative in allen Ständen und mit 74,1 Prozent Nein-Stimmen abgelehnt haben, sind die Bürger den Folgen der Zuwanderung weiterhin kritisch eingestellt, kommt die VOX-Analyse weiter zum Schluss. Jede zweite Person, die im Februar 2014 zwar für die Masseneinwanderungs-Initiative gestimmt hatte, legte bei der Ecopop-Initiative im November ein Nein in die Urne. Dieses differenzierte Abstimmungsverhalten liess sich vor allem unter den Sympathisanten der Parteien des rechten politischen Lagers feststellen.
Festhalten an den Bilateralen
In einer Zusatzbefragung für die VOX-Analyse wurde überdies der Zusammenhang zwischen Masseneinwanderungs-Initiative und dem bilateralen Weg erforscht. Dabei zeigte sich, dass eine klare Mehrheit von über 60 Prozent grösseres Gewicht auf die Beibehaltung der bilateralen Verträge mit der EU legt als auf die Umsetzung der Masseneinwanderungs-Initiative.
Konkret halten auch ein Drittel der Personen, die für die Zuwanderungs-Initiative gestimmt hatten, die Bilateralen trotz allem für wichtiger als die Umsetzung der Volksinitiative. Eine Ausnahme bilden dabei die SVP-Anhänger: Eine grosse Mehrheit stimmte für die Masseneinwanderungs-Initiative und riskiert damit ein Ende der bilateralen Verträge.
Auf die Bilateralen setzen dagegen mehrheitlich CVP-Sympathisanten und Parteiungebundene, und mit absoluter Mehrheit alle übrigen Befragten (Sympathisanten der SP und der FDP.Die Liberalen).
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Die Resultate der VOX-Analyse sprechen somit für die Wichtigkeit der bilateralen Verträge bei den Schweizer Stimmberechtigten. Die Autoren der VOX-Studie betonten allerdings, dass diese zukunftsgerichtete Frage nur eine Neigung zum Thema darstellt, aber noch kein Abstimmungsverhalten.
Einer mögliche Abstimmung zum Thema Beziehung Schweiz und EU steht im Raum, nicht zuletzt nach einer persönlichen Äusserung von Bundesrätin Eveline Widmer-Schlumpf. Entsprechende politische Vorstösse sind angekündigt, aber eine echte Debatte dazu hat noch nicht stattgefunden. Die Meinung der Schweizer Stimmberechtigten darüber wird sich also noch herausbilden müssen und auch vom genauen Inhalt der vorgelegten Alternativen abhängen, heisst es in der VOX-Analyse.
Fehlende Argumente bei der Gold-Initiative
Die VOX-Analyse untersuchte ebenfalls die beiden anderen Abstimmungsvorlagen vom 30. November: die Gold-Initiative und die Initiative zur Abschaffung der Pauschalbesteuerung. Bei der Gold-Initiative habe keines der Argumente des Initiativkomitees besonders gewirkt. Nur das Argument, dass die im Ausland gelagerten Goldbestände im Krisenfall nicht sicher seien, hat deutlich mehr Zustimmung als die Vorlage selbst erhalten.
Die Initiative wurde mit 77,3 Prozent Nein-Stimmen abgelehnt. Der Ja-Stimmen-Anteil nahm nur zu, je mehr man sich auf dem politischen Spektrum von Links nach Rechts bewegte.
Keine Fairness bei Pauschalbesteuerung
Die Volksinitiative für die Abschaffung der Pauschalbesteuerung hat vor allem bei den Stimmenden aus dem linken politischen Lager Anklang gefunden: Rund zwei Drittel der SP-Anhänger hätten der Vorlage zugestimmt, von den Sympathisanten aller übrigen Parteien sei sie abgelehnt worden.
Als häufigstes Motiv für ein Ja sei die Bekämpfung der Ungleichbehandlung angegeben worden, heisst es in der VOX-Analyse. Die Initiative wurde mit 59,2 Prozent Nein-Stimmen verworfen.