SRF News: Welche Folgen hätte es für die Schweiz, wenn die bilateralen Verträge gekündigt würden?
Eveline Kobler: Avenir Suisse verzichtet darauf, die Kosten zu beziffern, wie es Bakbasel oder Ecoplan im Auftrag des Bundes gemacht haben. Avenir Suisse hat stattdessen geprüft, welche Alternativen die Schweiz hätte: Zum Beispiel ein Freihandelsabkommen mit der EU auszuhandeln oder dem EWR beizutreten. Avenir Suisse sagt, dass die Schweizer Wirtschaft bei diesen Alternativen klar schlechter fahren würde. Denn die Denkfabrik ist von den Bilateralen überzeugt. Alle würden profitieren: Unternehmen, insbesondere auch KMUs, die Konsumenten dank sinkenden Preisen, aber auch der Mittelstand. Und so gesehen ist das neue Buch der liberalen Denkfabrik ein klares Plädoyer für die Bilateralen.
Der Bundesrat hat seine eigene Antwort auf das Thema: Er möchte eine Schutzklausel, mit der die Zuwanderung in die Schweiz besser kontrolliert werden könnte. Was hält Avenir Suisse von diesem Vorschlag?
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Grundsätzlich begrüsst die Denkfabrik die Stossrichtung des Bundesrates. Avenir Suisse möchte aber nicht jährlich Höchstzahlen festlegen – das findet man heikel. Sie möchte lieber ein Zehn- oder Fünfzehnjahresziel festlegen. Dann könne man Konjunkturschwankungen besser Rechnung tragen. Auch die Firmen hätten mehr Zeit, das Potenzial von inländischen Fachkräften besser anzuzapfen. Beispielsweise Frauen stärker zu integrieren oder Fachkräfte auszubilden und nachzuziehen.
Grundsätzlich plädiert die Denkfabrik dafür, die Schutzklausel so anzulegen, dass sie etwa alle fünf bis zehn Jahre greifen würde. Wenn man sie zu streng ansetze, dann hätte man faktisch ein Kontingent geschaffen. Wenn man sie zu lasch ansetze, wäre sie wirkungslos. Sie möchten also eine Art Mittelding, werden aber nicht konkret, was das heisst.
Der Eiertanz der Ökonomen, Politiker und Verbandsvertreter wird wohl weitergehen.
Neben der Einschätzung von Avenir Suisse und des Vorschlages des Bundesrates gibt es die beiden anderen Studien von Bakbasel und Ecoplan. Alle versuchen die Folgen für die Schweiz zu berechnen, aber niemand nennt eine Zahl, wie viele Menschen in Zukunft aus der EU in die Schweiz kommen dürfen. Warum zieren sich alle?
Niemand will die allererste Zahl in den Raum stellen. Es ist offenbar zu brisant, sich diesbezüglich politisch zu exponieren und zu positionieren. Vielleicht schwingt auch eine gewisse Ratlosigkeit mit, was die Schweizer Wirtschaft braucht und was innenpolitisch realistisch ist. Heinz Karrer von Economiesuisse hat in der «Samstagsrundschau» von Radio SRF gesagt, dass man eine solche Zahl nicht mehr loswerde, wenn man sie denn mal in den Raum geworfen hat. So gesehen warten alle auf den Bundesrat und bis dahin geht der Eiertanz der Ökonomen, Politiker und Verbandsvertreter wohl weiter, wenn es um die Frage nach dieser ominösen Zahl geht.
Das Gespräch führte Ivana Pribakovic.