Die Schweiz und Frankreich sind beim Steuerdialog näher zusammengerückt. Bundesrätin Eveline Widmer-Schlumpf und ihr französischer Amtskollege, Finanzminister Michel Sapin, haben sich in Bern zu einem Arbeitsbesuch getroffen. Sie betonten in einer gemeinsamen Erklärung, verstärkt bei der Bekämpfung von Steuerbetrug und Steuerflucht Zusammenzuarbeiten.
Schwerpunkt der Gespräche waren primär bilaterale Steuerfragen. Dazu gehören die Amtshilfe in Steuersachen in Einklang mit dem internationalen Standard der OECD zum Informationsaustausch auf Anfrage und der zukünftige globale Standard für den automatischen Informationsaustausch (AIA).Weitere Themen waren die Regularisierung (Offenlegung) von in Frankreich nicht versteuerten Geldern, die Besteuerung von Grenzgängern und der Marktzutritt für Schweizer Unternehmen.
Schweizerisch-französisches Doppelbesteuerungsabkommen
Die beiden Finanzminister unterzeichneten eine Vereinbarung zur Amtshilfe in Steuersachen, mit der das schweizerisch-französische Doppelbesteuerungsabkommen auf den neuesten Stand gebracht wird.
- Wo es zwischen Frankreich und der Schweiz derzeit harzt Wo es zwischen Frankreich und der Schweiz derzeit harzt
- Frankreichs Finanzminister Sapin bläst zur Jagd auf Steuersünder Frankreichs Finanzminister Sapin bläst zur Jagd auf Steuersünder
- Erbschaftssteuerabkommen mit Frankreich ist aufgelöst Erbschaftssteuerabkommen mit Frankreich ist aufgelöst
Konkret bekämpfen die Schweiz und Frankreich Steuerbetrug und Steuerflucht neu in Einklang mit dem internationalen Standard der OECD zum Informationsaustausch auf Anfrage eines Staates.
Die Steuerpflichtigen, für die Frankreich ein individuelles Amtshilfeersuchen einreicht, können somit künftig aufgrund weiterer Elemente als dem Namen oder der Adresse identifiziert werden. Gemäss dem bisherigen Doppelbesteuerungsabkommens war das nicht möglich.
Diese Vereinbarung wird es der Schweiz auch erlauben, auf Gruppenanfragen aus Frankreich zu antworten.
Die Einführung des zukünftigen automatischen Informationsaustausches (AIA) nach OECD-Standard sieht Widmer-Schlumpf für die Schweiz bis 2017/18 kommen, bis alle Kommissionen und das Parlament zugestimmt haben.
Frankreich gegen «Regularisierung» von Schwarzgeld
Der französische Finanzminister hatte sich vor dem Besuch in Bern entschieden gegen eine umfassende Vergangenheitsregelung für französische Schwarzgelder in der Schweiz ausgesprochen. Sapin stellte sich klar gegen eine Offenlegung (amtsdeutsch: Regularisierung) von in Frankreich nicht versteuerten Geldern im Sinne einer gesetzlichen Anerkennung. Betrug lasse sich nicht «regeln», sagte er.
Es werde keine juristische Prozedur geben, um die Vergangenheit zu begleichen. Das sagte Sapin auch schon in einem Interview mit der Zeitung «Le Temps» auf die Frage, was er von einer Globallösung im Steuerstreit mit der Schweiz halte. Stattdessen setzt Sapin auf ein bestehendes Offenlegungsprogramm: Frankreich biete die Möglichkeit einer freiwilligen «Regularisierung» an.
Offenlegungsprogramm schenkt ein
In diesem Offenlegungsprogramm sind laut Sapin bereits 25'000 Dossiers eingereicht worden, wie die Sendung «HeuteMorgen» berichtete. Bei einem durchschnittlichen Vermögen von 900'000 Euro ergibt das fast 25 Milliarden Euro, die neu in Frankreich korrekt versteuert werden.
Damit sei bisher fast eine Milliarde Euro an Nachzahlungen und Strafzahlung zusammengekommen. Für das laufende Jahr seien 1,8 Milliarden Euro budgetiert. «Wir werden keine Mühe haben, diesen Betrag zu erreichen», sagte Sapin.
Widmer-Schlumpf und Sapin zeigten sich vor den Medien zufrieden mit dem Verlauf der Gespräche. Der Widerstand im Schweizer Parlament gegen den Entwurf eines neuen Erbschaftssteuerabkommens und die Kündigung des aktuellen Abkommens durch Frankreich gefährde den Steuerdialog nicht, waren sich die beiden Minister einig.