Bald liegt in den Briefkästen ein Couvert der Krankenkasse. Dicke Post für viele, denn die Prämien werden spürbar steigen; wie in so manch anderem Jahr. Neuerdings hält die Entwicklung der Prämienverbilligung allerdings nicht mehr Schritt.
Einige Kantone wollen weniger Bezugsberechtigte
2012 wurden 4,2 Milliarden Franken an Prämienverbilligungen ausbezahlt. Zwei Prozent weniger als im Vorjahr. Und der Betrag dürfte weiter sinken, denn zahlreiche Kantone wollen nicht laufend mehr Geld für die Prämienverbilligungen bezahlen und planen Massnahmen, wie etwa den Kreis der Berechtigten einzuschränken: Ausserrhoden, Schwyz oder auch Baselland – und selbst der Kanton Bern.
Dies obschon dort sehr hohe Prämien bezahlt werden müssen und damit Verbilligungen für Personen mit schmalem Budget einen entsprechend grossen Stellenwert haben. Trotz dieser Anzeichen sagt Michael Jordi, Zentralsekretär der Gesundheitsdirektorenkonferenz der Kantone: «Ob dies eine kurzfristige Entwicklung oder ein Trend ist, lässt sich heute noch nicht ausmachen.»
«Paradoxe Entwicklung»
Wie viele Versicherte insgesamt neu gar keinen Zustupf mehr an die Krankenkasse erhalten oder einen kleineren, lasse sich erst im Rückblick ablesen, wenn die Massnahmen vollzogen seien, sagt Michael Jordi. Aber schon heute darf davon ausgegangen werden. Es dürften einige Zehntausend sein. Allein im Kanton Bern müssen heuer 42'000 Personen mehr für ihre Krankenkasse bezahlen. Höhere Prämien, aber tiefere Verbilligungen. Das wundert die Grüne Nationalrätin Yvonne Gilli: «Es ist eine paradoxe Entwicklung.» Denn die Prämienverbilligungen würden nicht sinken, weil die Leute sie nicht benötigten, sondern weil die Kantone sparen.
Kantone unter Spardruck
«Ja, auch deshalb», räumt Michael Jordi von der Gesundheitsdirektorenkonferenz ein. Aber die Kantone hätten in der letzten Zeit auch zusätzliche Lasten übernehmen müssen: Mit der Spitalfinanzierung, der Pflegefinanzierung oder der neuen Auflage, dass sie die Verlustscheine der Krankenkassen von unbezahlten Prämien zu einem Grossteil übernehmen müssen.
Unter diesem Spardruck müssten die Kantone eben alle Bereiche überprüfen. Das sei richtig, sagt SVP-Nationalrat Roland Borer. Dennoch irritiert auch ihn die Entwicklung. «Es nützt nichts, wenn wir auf der einen Seite bei der Prämienverbilligung Kosten einsparen und dann mehr Sozialhilfeempfänger haben.»
In manchen Kantonen erhält jeder Zweite Prämienverbilligungen
Die Veränderungen müssten nun genau analysiert werden. Für ihn ist wichtig, dass die Politik als erstes die stetig steigenden Gesundheitskosten in den Griff kriegt. Denn sonst würden nur laufend mehr Personen Prämienverbilligungen benötigen. Schon heute würde jeder Dritte Geld erhalten, in einigen Kantonen fast jeder zweite.
Genau dieser Ruf nach einem günstigen oder zumindest günstigeren Gesundheitssystem macht der Grünen Yvonne Gilli Sorgen: «Damit besteht politisch immer die Gefahr, dass man kurzfristige und unzweckmässige Lösungen betreibt, die meist auf Kosten der solidarischen Finanzierung der Gesundheitsversorgung gehen.»
Ein Monitoring des Bundes hat vor vier Jahren ergeben, dass das System der Prämienverbilligungen sinnvoll und zweckmässig ist. Sollte die Schere aber weiter aufgehen, die Prämien weiter steigen, die Verbilligungen sinken, dürfte die Quintessenz des nächsten Monitorings anders lauten.