- Die Schweizer Strom- und Gasversorgung ist zurzeit gesichert – doch im Winter könnte es eng werden.
- Grund dafür sind Unterbrüche bei den Gaslieferungen wegen des russischen Angriffs auf die Ukraine sowie geringem Schmelzwasser.
- Experten des Bundes haben bei einem Point de Presse über die aktuelle Energiesituation in der Schweiz informiert.
«Wir erleben zurzeit die erste weltweite Energiekrise, mit Europa im Epizentrum», sagte der Direktor des Bundesamtes für Energie, Benoît Revaz, vor den Medien in Bern. Durch den Krieg in der Ukraine sei Europa besonders von der Energiekrise betroffen und damit auch die Schweiz, sagte Revaz.
Der Bund und die Akteure arbeiteten seit einigen Monaten daran, Lösungen für die Versorgungssicherheit für den Winter zu finden. Unter anderem soll bis Ende August eine Plattform für eine Sensibilisierungskampagne zum freiwilligen Stromsparen aufgebaut werden. Diese werde Ratschläge beinhalten, um die Bevölkerung über die wirtschaftliche Landesversorgung und die Sparmassnahmen zu informieren.
Wir erleben zurzeit die erste weltweite Energiekrise, mit Europa im Epizentrum.
Schon wenn jeder und jede einzelne die Heiztemperatur reduziere, habe dies eine Wirkung, sagte Bastian Schwark, Leiter des Fachbereichs Energie bei der wirtschaftlichen Landesversorgung (WL). Eine Absenkung um ein Grad bringe circa sechs Prozent Ersparnis pro Haushalt. Man erwarte, dass sich durch die Sparappelle der Gasverbrauch in der Schweiz um ungefähr fünf Prozent senken liesse, so Schwark. Erst wenn dies nicht reichen sollte, sei vorgesehen, die Umstellung sogenannter Zweistoffanlagen von Gas auf Öl zu anzuordnen.
Der Bund beschliesst, die Strombranche, Wirtschaft und Bevölkerung setzen um.
Komme es zu einer Strommangellage, wären die Aufgaben klar verteilt: «Der Bund beschliesst, die Strombranche, Wirtschaft und Bevölkerung setzen um», sagte Michael Frank, Direktor des Verbands Schweizerischer Elektrizitätsunternehmen (VSE). Stufe um Stufe würden immer strengere Massnahmen in Kraft treten.
Gaslieferstopp könnte zu Problemen führen
Gas ist laut der Elektrizitätskommission (Elcom) von Bedeutung, um im Winter genügend Strom produzieren zu können. Zwar seien die Speicherseen in den Bergen gefüllt wie im langjährigen Mittel, schreibt die Elcom. Es fliesse nun aber weniger Wasser zu, wegen der vergleichsweise frühen Gletscherschmelze und der Hitzeperiode.
Die laufenden Wartungsarbeiten in Russland an der Pipeline Nord Stream 1 hätten hauptsächlich für die Speicher in Deutschland, Tschechien, die Slowakei und Österreich Folgen. Die Gasflüsse in die Schweiz seien normal. Bei einem allfälligen russischen Gaslieferstopp könnten laut Elcom grosse Stromunternehmen jedoch in Liquiditätsprobleme geraten.
Über einen Rettungsschirm für systemkritische Schweizer Stromkonzerne berät zurzeit das Parlament. Der Ständerat hat das dringliche Gesetz dazu im Juni angenommen. Mit dem Bundesgesetz über eine sichere Stromversorgung mit erneuerbaren Energien, das das Parlament zurzeit berät, will der Bundesrat erreichen, dass in der Zukunft mehr einheimische Energie verfügbar ist.