Es war fast wie ein Sterben auf Raten: Dem Rahmenabkommen mit der EU ist in den letzten Monaten praktisch keine Chance mehr eingeräumt worden. Quer durch fast alle Parteien meldeten sich die Kritiker des Vertrags pointiert zu Wort. Jetzt lassen sich zunehmend die Befürworterinnen und Befürworter vernehmen. Zu ihnen gehören auch die Kantone. Sie fordern den Bundesrat auf, nicht so rasch aufzugeben.
«Erhebliche Differenzen»
Vor knapp drei Wochen traf sich Bundespräsident Guy Parmelin in Brüssel mit Ursula von der Leyen, der Präsidentin der EU-Kommission, um zu besprechen, wie es mit dem Rahmenabkommen weitergehen soll. Nach dem Gespräch betonte der Schweizer Bundespräsident vor allem die Probleme, die in den Verhandlungen noch bestehen: «Wir haben gemeinsam mit der Präsidentin der Europäischen Kommission festgestellt, dass wir in unseren Positionen weiterhin erhebliche Differenzen haben.»
Dabei geht es um die drei bekannten Aspekte des Lohnschutzes, der staatlichen Beihilfen und der Unionsbürger-Richtlinie. Doch nun nehmen die Kantone beim Rahmenabkommen eine andere Gewichtung vor. Sie betonen weniger die Differenzen, sondern vor allem das gemeinsame Ziel: Der Abschluss eines Abkommens, wie Christian Rathgeb, Präsident der Konferenz der Kantonsregierung KdK, sagt.
Es ist die Zusammenarbeit mit unserem grössten Handelspartner.
«Es ist die Zusammenarbeit mit unserem grössten Handelspartner. Deshalb ist es für uns ganz wichtig, dass wir hier stabile Beziehungen haben, dass es keine Negativspirale gibt, sondern dass Sicherheit, Rechtssicherheit geschaffen werden kann.»
Ein Abbruch der Verhandlungen mit der EU könnte zu einer Negativspirale führen, wie sie Rathgeb anspricht. Dies wollen die Kantone unbedingt verhindern, wie sie heute in einer gemeinsamen Erklärung festhalten. «Ein Abbruch der Verhandlungen ist für uns heute keine Option. Deshalb möchten wir auch unsere aktive Unterstützung gegenüber dem Bundesrat einmal mehr betonen.»
Ein Abbruch der Verhandlungen ist für uns heute keine Option.
Die Kantone ermuntern den Bundesrat also, die Verhandlungen mit der EU über ein Rahmenabkommen unbedingt weiterzuführen und Lösungen für die strittigen Punkte zu suchen. Dabei betont Christian Rathgeb, dass die Kantone in dieser zentralen Frage mitreden und mitbestimmen wollen. Sie wollen, das Europa-Dossier nicht allein dem Bundesrat überlassen, der ihnen offenbar zu zögerlich agiert.
Geeinte Forderung, geeinte Hoffnung
In der Schweizer Europapolitik ist die Konferenz der Kantonsregierung KdK eine wichtige Stimme. Für eine gemeinsame Erklärung braucht die KdK die Zustimmung von mindestens 18 Kantonen. Dieses Quorum habe man gut erreicht, erklärt Rathgeb, der Bündner FDP-Regierungsrat. Die Kantone stehen also geeint hinter dem Rahmenabkommen. «Wir gehen davon aus, dass hier durchaus intakte Chancen bestehen, dass dieser bilaterale Weg weiter beschritten wird.»
Die Kantone glauben also, dass das Abkommen in einer Volksabstimmung eine gute Chance hat, wenn die umstrittenen Punkte mit der EU geklärt werden können.