Der Aufenthalt bei einer Gastfamilie bringe Chancen auch bei der Integration mit sich, betont eine neue Studie der Berner Fachhochschule, der Hochschule Luzern und der Schweizerischen Flüchtlingshilfe (SFH).
Danach sollten sich Gastfamilien als fester Bestandteil im Asylwesen etablieren. Auch für nicht-ukrainische Flüchtlinge.
Informationen zur Studie
Doch die Bereitschaft von Herrn und Frau Schweizer, auch nicht-ukrainische Flüchtlinge bei sich aufzunehmen, ist offenbar kaum vorhanden. Auch kantonale Behörden äussern sich skeptisch.
Sprache und gesellschaftliche Grundregeln sind einfacher zu vermitteln, wenn das zentral erfolgt.
Gundekar Giebel, Sprecher der Berner Integrationsdirektion, sagt zum Aspekt der Integration: «Sprache und gesellschaftliche Grundregeln sind einfacher zu vermitteln, wenn das zentral erfolgt.»
Die Unterbringung in Gastfamilien beschränke sich auf Einzelfälle und werde vom Kanton nicht gefördert. Ein Mehrwert sei zweifelhaft.
Wir haben zurzeit 17 nicht-ukrainische Geflüchtete in Gastfamilien und neun in Abklärung.»
Der Basler Regierungsrat Kaspar Sutter sieht vereinzelt die Bereitschaft, Geflüchtete in Gastfamilien aufzunehmen. Die grosse Menge sei es aber nicht: «Wir haben zurzeit 17 nicht-ukrainische Geflüchtete in Gastfamilien und neun in Abklärung.»
Dass die Integration in Kollektivunterkünften gar besser gelingt als in Gastfamilien, glaubt man im Kanton Basel-Stadt allerdings nicht. Hier gibt es bereits seit 2015 ein Projekt, das die Unterbringung von Geflüchteten in Gastfamilien gezielt fördert.
Damit habe man gute Erfahrungen gemacht, gerade auch im Hinblick auf die Integration, so der Sozialdirektor.
Nur neun Kantone fördern gezielt
Gemäss der zuständigen Stelle im Kanton Basel-Stadt hat sich nach der Pandemie und dem Kriegsausbruch in der Ukraine eine Art Ermüdung in der Zivilbevölkerung eingestellt. Die Bereitschaft, nicht-ukrainische Flüchtlinge privat aufzunehmen, sei eher noch zurückgegangen.
In der Stadt Zürich seien derzeit keine nicht-ukrainische Geflüchtete bei Gastfamilien untergebracht, heisst es dort auf Anfrage. Falls sich Gastfamilien anböten, auch nicht-ukrainische Flüchtlinge aufzunehmen, werde man dies jedoch ermöglichen.
Landesweit sind es derzeit neun Kantone, die Gastfamilienprojekte gezielt fördern. In den meisten Kantonen sind Gastfamilien nicht Teil der Unterbringungsstrategie.
Flüchtlingshilfe: Mehr öffentliches Engagement nötig
Die Direktorin der Schweizerischen Flüchtlingshilfe (SFH), Miriam Behrens, glaubt dennoch, dass das Potenzial grösser ist, als allgemein angenommen.
Sie verweist auf Kantone, die aktiv mit Werbekampagnen Gastfamilien ansprechen: «Es kommt auch auf das Engagement der Behörden an. Je mehr man macht, umso mehr Gastfamilien kann man finden.»
Ein Signal der Politik
Behrens gibt zu, dass mit Gastfamilien mengenmässig kein erheblicher Beitrag in der Unterbringung von Geflüchteten geleistet werden kann. Doch für die Integration und Akzeptanz in der Bevölkerung seien Gastfamilien sehr bedeutend.
Bei anderen Geflüchteten müssten die Kantone oder Gemeinden aktiv werden, damit die Unterbringung in Gastfamilien klappe, betont Behrens. Das passiere zu wenig, und die Bedenken seien grösser.
Die Politik müsse entsprechend sehr klar signalisieren, dass eine Zusammenarbeit mit der Zivilbevölkerung erwünscht sei und bei Schwierigkeiten Begleitung und Hilfe angeboten werde.