Die Schweizerische Nationalbank (SNB) hat den Leitzins erneut gesenkt. Der sogenannte SNB-Leitzins sinkt um 0.25 Prozentpunkte. Damit liegt er neu bei 1.25 Prozent, wie die Notenbank mitteilte. Damit setzt die Nationalbank die Zinswende fort und lockert ihre Geldpolitik weiter. Nationalbankpräsident Thomas Jordan über die Beweggründe dieses Entscheids.
SRF News: Sie haben heute eine weitere Zinssenkung bekannt gegeben. Was ist der Hauptgrund für die Senkung?
Thomas Jordan: Der inflationäre Druck ist etwas zurückgekommen, wir hatten auch eine Aufwertung des Frankens und wenige sogenannte Zweitrundeneffekte. Dadurch wird die Inflationsprognose etwas gesenkt. Wir wollen, dass wir eine angemessene Geldpolitik haben und deshalb haben wir den Zins heute gesenkt.
Was ist das Ziel dieser Senkung?
Wir wollen sicherstellen, dass die Inflation über mittlere Sicht im Bereich der Preisstabilität bleibt. Hätten wir die Geldpolitik nicht angepasst, wäre auch das Risiko, dass die Inflation zu tief wird, über die Zeit angestiegen. Das wollten wir vermeiden.
Welches Gewicht hat der erstarkte Franken auf diesen Entscheid?
Wir schauen auf die Inflation, aber: Der Wechselkurs hat einen grossen Einfluss auf die Inflation, deshalb müssen wir diese Entwicklung berücksichtigen. Wenn sich der Franken stark aufwertet, hat das eine dämpfende Wirkung auf die Inflation. Das fliesst in unsere Inflationsprognose hinein.
Der Zweitrundeneffekt bei den Löhnen ist auch ein wichtiger Punkt. Was beobachten Sie da?
Wir haben in der Schweiz ein moderates Lohnwachstum, das ist kompatibel mit unserem Ziel der Preisstabilität. Wir sehen, dass die Löhne etwas angestiegen sind – etwas über zwei Prozent – aber wir erwarten auch, dass sich das etwas beruhigt. Wir sehen keine sogenannte Lohn-Preis-Spirale, das ist ein gutes Zeichen.
Bei der Europäischen Zentralbank EZB sagt man, das sei es wohl gewesen mit Senkungen für den Moment. Ist es nicht etwas riskant, hier vorzupreschen?
Selbstverständlich spielt die internationale Entwicklung eine Rolle. Wir fokussieren unsere Geldpolitik aber auf die Bedürfnisse der Schweiz und passen die Geldpolitik dann an, wenn wir zum Schluss gekommen sind, dass das aus einer schweizerischen Sicht Sinn macht.
Wir machen keine Prognose und sagen auch nicht, dass das die letzte Zinssenkung war.
Bei der Geldpolitik sind auch Konjunktur und Industrie zu berücksichtigen. Wie schätzen Sie die Industrie ein?
Die Industrie hat eine recht schwierige Phase hinter sich. Wir hatten eine Serie von Quartalen ohne Wachstum, gehen aber davon aus, dass sich das etwas bessert. Wir sehen einen Lageraufbau und das sollte der Industrie über die Zeit helfen.
Der Leitzins liegt nun also bei 1.25 Prozent. Der Spielraum für die Nationalbank wird kleiner. Ist das nicht ein Risiko?
Wir müssen schauen, wie wir unsere geldpolitischen Instrumente optimal einsetzen, müssen eine Güterabwägung machen: Warten wir oder entscheiden wir jetzt? Wir sind zum Schluss gekommen, dass eine Zinssenkung jetzt im besten Interesse ist, damit wir die Preisstabilität mittelfristig aufrechterhalten können.
Ein Prozent ist der Bereich, wo man hingehen könnte. Strebt man das kurz- mittel- oder langfristig an?
Wir schauen auf die Inflationsprognose. Dann entscheiden wir, ob die Geldpolitik so bleiben kann, wie sie ist, oder ob sie gelockert oder gestrafft werden muss. Wenn man sich die Inflation anschaut, sieht man, dass sie leicht zurückgeht. Deshalb machen wir auch keine Prognose und sagen nicht, dass das die letzte Zinssenkung war.
Das Gespräch führte Andi Lüscher.