Ob Emmentaler oder Gruyère: Manch ein Schweizer Käse wird längst nicht mehr nur da produziert, wo sein Name herkommt.
Weltweit haben Käsehersteller die Produktionsweisen übernommen und verkaufen ihn namensgleich. Und dies zu Recht – so hat das Gericht der Europäischen Union (EuG) zumindest im Fall Emmentaler heute entschieden. Doch wie kam der Traditionskäse überhaupt auf Abwege aus dem Emmental?
Es war einmal im Emmental
Der Emmentaler Käse findet 1557 als eines der ersten Male schriftlich Erwähnung. Und zwar als Hochzeitsmitbringsel: «Der Ratsherr Hans Rust aus Burgdorf schenkt dem Basler Arzt Felix Platter zur Hochzeit einen 'schönen Emmentaler Chäs'.»
Der Ratsherr Hans Rust aus Burgdorf schenkt dem Basler Arzt Felix Platter zur Hochzeit einen 'schönen Emmentaler Chäs'
Bereits im 16. Jahrhundert verkauften Emmentaler Käser ihr Produkt aber über ihre Region hinaus. Im 19. Jahrhundert entstehen im Bernerland viele Talkäsereien.
In der Folge wird immer mehr Emmentaler produziert. Emmentaler Tuch- und Leinenhändler nehmen den Käse in ihr Geschäft auf, der Handel damit floriert.
Emmentaler auf Abwegen
Durch den Handel kommen auch Konsumentinnen und Konsumenten ennet der Landesgrenzen auf den Geschmack. Der Schweizer Käsermeister Johann Althaus führte den Emmentaler im Allgäu ein: Es entsteht der 'Allgäuer Emmentaler', ein kürzer gereifter Typ. Er wird bereits seit dem 19. Jahrhundert im Allgäu gekäst. Daneben ist in Deutschland der 'Hartkäse nach Emmentaler-Art' bekannt.
In Frankreich entsteht der 'Emmental français est-central' und der 'Emmental de Savoie'. Doch auch in Österreich, Dänemark, der Türkei und in Ungarn wird der Käse mit den arttypischen Löchern verkauft. Meist jedoch erkennt man ihn nicht (mehr) am Namen: Die österreichische Variante heisst beispielsweise Höhlentaler. In Ungarn war der Käse zwar von 1908 an unter dem Namen 'Ementáli sajt' verkauft worden, seit 1981 nennt man ihn aber 'Pannónia'.
Milchproduzenten, Käsehändler und der Bund gründen 1920 die Schweizerische Käseunion in Bern, um den Schweizer Käsemarkt zu stärken. Sie regulierte Produktion und Verkauf der Käsesorten Emmentaler, Gruyère und Sbrinz.
Käseunion abgeschafft
Ende der 90er-Jahre wurde die Käseunion abgeschafft. 70 Jahre lang war sie ein schützendes Dach für die Milchbranche: Sie sorgte für Preis- und Mengengarantien – selbst Überschussmengen wurden abgekauft. Damals wurden rund 50'000 Tonnen Emmentaler pro Jahr produziert, was weit vom Bedarf des Marktes entfernt war.
Mit dem Ende der Käseunion mussten sich auch Käseproduzentinnen und -produzenten und Vertrieb an den Bedürfnissen des Marktes orientieren, um zu überleben. Für viele eine Herausforderung.
Sinkender Absatz
Der Schweizer Käseunion wird oft nachgesagt, sie habe es verpasst, die Bezeichnung Emmentaler schützen zu lassen. Die Grundlage für den Markenschutz gab es in Europa aber schon 1882 – Emmentaler wurde jedoch bereits damals ausserhalb der Schweiz produziert.
Der Emmentaler kämpft nicht nur um seinen Markennamen, sondern auch gegen die sinkende Nachfrage. «Die globale Wirtschaftskrise macht uns zu schaffen. Schweizer Käse ist generell relativ teuer», sagt Urs Schlüchter, Direktor von Emmentaler Switzerland. Emmentaler sei exportlastig, zwei Drittel würden ins Ausland verkauft. Davon seien sie direkt betroffen. «Ein Teil davon ist aber möglicherweise auch auf die nicht umfassend geschützte Marke zurückzuführen», so Schlüchter.
Emmentaler ist exportlastig, zwei Drittel werden ins Ausland verkauft.
Sie geben darum auch nach dem heutigen Urteil noch nicht auf im Kampf um den Markenschutz. «Das Urteil zementiert den Status Quo.» Es gebe aber noch andere Wege: «Eine Möglichkeit bietet der Schutz des Emmentaler AOP, das eine Ursprungsbezeichnung ist. Weitere Optionen bieten Wort-Bild-Marken oder bilaterale Ursprungsverträge. In Italien gilt beispielsweise heute einen umfassenden Schutz.»