Die Rüstungskontrolle in Bern greift durch: Erstmals setzt sie eine ausländische Waffenfirma wegen Vertragsbruchs auf eine «Schwarze Liste». Betroffen ist die in Polen ansässige Firma UMO SP. Das zeigen Recherchen von SRF Investigativ. Auf Anfrage schreibt das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco), das für die Exportkontrolle von Kriegsmaterial zuständig ist: «Wir können bestätigen, dass Exporte an die betroffene polnische Firma bis auf Weiteres nicht mehr bewilligt werden.»
Was ist passiert? Am 10. Juli 2023 schickt die Thuner Firma Swiss P Defence (ehemals Ruag Ammotec) 145’000 Schuss Sniper-Munition Kaliber 0.338 und 500’000 Schuss Kaliber 0.308 an die polnische Firma UMO SP. Vier Tage später liefert UMO SP die Munition weiter – von Polen in die Ukraine. Doch: Dieser Wieder-Export verstösst gegen das Rüstungsembargo und ganz generell gegen das Prinzip der Schweiz, keine Waffenlieferungen an kriegsführende Staaten zu unterstützen.
Wie viel wusste Swiss P Defence?
Das Seco untersucht daraufhin den Vorfall, über den die NZZ im November 2023 auf Basis des Blogs «Defense One» berichtete. Der Prüfbericht liegt SRF Investigativ nun exklusiv vor. Er zeigt: Die Kontrolleure identifizierten zum einen die zwei besagten Munitionslieferungen an UMO SP, die vom Seco zuvor bewilligt worden waren. Und rückten zum anderen die Frage ins Zentrum, ob die Thuner Firma Swiss P Defence vom Weiterverkauf an die Ukraine gewusst hatte. Denn «sollte das Schweizer Unternehmen von einem Weiterverkauf / Re-export in die Ukraine gewusst haben, wäre dies ein Verstoss» gegen das Gesetz, heisst es im Prüfbericht.
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Bild 1 von 3. Prüfbericht des Seco im Fall «Swiss P Defence». Das Staatssekretariat für Wirtschaft untersuchte im November 2023, ob die Schweizer Firma Swiss P Defence von einem Weiterverkauf ihrer Munition durch die polnische Firma UMO SP in die Ukraine gewusst hatte. Bildquelle: Seco.
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Bild 2 von 3. Prüfbericht des Seco im Fall «Swiss P Defence». Das Seco kommt zum Schluss: «Die Prüfung ergab keine Hinweise darauf, dass die Swiss P Defence AG die Munition im Wissen darum exportiert hat, dass diese anschliessend an die Ukraine re-exportiert werden sollte.» Grün – alles okay! Bildquelle: Seco.
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Bild 3 von 3. Prüfbericht des Seco im Fall «Swiss P Defence». Zum Zeitpunkt der Prüfung Ende 2023 liefen noch die Abklärungen des Seco mit den polnischen Behörden. Mittlerweile sind diese abgeschlossen, wie das Seco SRF Investigativ schreibt. Man gehe davon aus, dass die fragliche Munition tatsächlich in die Ukraine re-exportiert worden sei. Bildquelle: Seco.
Nach Sichtung der Unterlagen geben die Kontrolleure des Seco Entwarnung: «Die Prüfung ergab keine Hinweise darauf, dass die Swiss P Defence AG die Munition im Wissen darum exportiert hat, dass diese anschliessend an die Ukraine re-exportiert werden sollte.» Die Firma habe Massnahmen getroffen, um solche Risiken zu minimieren, unter anderem eine Vereinbarung, welche die Wiederverwendung ausschliesslich «auf polnischem Territorium» erlaube. Die polnische Firma lieferte trotzdem weiter in die Ukraine.
Swiss P äussert sich nicht zum Lieferstopp an den polnischen Partner und schreibt SRF Investigativ allgemein: «Swiss P Defence beliefert ihre Kunden immer und ausschliesslich im Rahmen der geltenden gesetzlichen Bestimmungen der Schweiz.»
Industrie findet Seco-Entscheid «vernünftig»
Für die Schweizer Waffenindustrie sei die Firma UMO SP ein «nicht unwesentlicher Partner», sagt Matthias C. Zoller. Er ist Generalsekretär der Rüstungssparte des Industrieverbandes Swissmem. Man akzeptiere den Seco-Entscheid und finde ihn «vernünftig». Die Schweizer Firma habe sich korrekt verhalten, die ausländische missbräuchlich – es sei richtig, dass das Seco das Gesetz durchsetze. Aber: «Es ist einfach schwierig in einer Zeit, in welcher die europäischen Nachbarn nicht mehr gewillt sind, bei uns einzukaufen. Da fällt jeder Kunde, der wegfällt, ins Gewicht.»
Die polnische Firma UMO SP schreibt, aufgrund von Vertraulichkeitsvereinbarungen mit sämtlichen Geschäftspartnern sei es nicht möglich, einzelne Geschäfte zu kommentieren. Und antwortet allgemein: «Alle Geschäfte müssen zwingend im Einklang mit den behördlichen Vorgaben durchgeführt werden.»