Worum geht es? Waffen, die in der Schweiz hergestellt wurden, sollen unter gewissen Umständen zur Verteidigung der Ukraine eingesetzt werden dürfen. Das will die Sicherheitspolitische Kommission des Nationalrats (SiK-N). Unter Federführung von FDP und SP erarbeitete die Kommission einen Kompromiss. Die daraus entstandene parlamentarische Initiative sieht die bisher höchsten Hürden für Waffenexporte an Drittstaaten vor.
Wo liegt ein Problem im Neutralitätsrecht? Beim Vorschlag handelt es sich um Material, das sich bereits im Ausland befindet. Direkte Waffenlieferungen aus der Schweiz sollen weiter nicht möglich sein. Doch das Neutralitätsrecht besagt, dass alle Beschränkungen gleichmässig auf alle Kriegsparteien angewendet werden sollen. «Das gilt meines Erachtens auch für indirekte Weitergaben», sagt Evelyne Schmid, Völkerrechtsprofessorin an der Universität Lausanne.
Kann die Schweiz mit diesem Vorschlag neutral bleiben? Gemäss Neutralitätsrecht soll keine Kriegspartei bevorzugt werden. Dem entspricht der Vorschlag laut Evelyne Schmid nicht. Denn man wolle ja die Ukraine begünstigen. Er sei jedoch besser als beispielsweise «Lex Ukraine».
Wie man mit den neutralitätsrechtlichen Fragen umgeht, ist letztendlich eine politische Frage.
Der aktuelle Vorstoss wird verschieden eingeschätzt: «Einige sagen, ihn anzuwenden wäre eine Verletzung des Neutralitätsrechtes. Oder man kann das Neutralitätsrecht «akrobatisch» auslegen. So gibt es Leute, die der Meinung sind, das Neutralitätsrecht habe sich verändert. Oder man könnte argumentieren, dass es einen Rechtfertigungsgrund gibt», sagt die Völkerrechtsprofessorin. Sie finde diese Auslegungen aber nicht überzeugend. Wie man mit den neutralitätsrechtlichen Fragen umgeht, sei jedoch letztendlich eine politische Frage.
Sollte die Schweiz die Neutralität abschaffen? Die Schweiz ist völkerrechtlich nicht dazu verpflichtet, neutral zu sein. Laut Verfassung will die Schweiz das aber. Und auch in Umfragen ist die Neutralität populär, sagt Schmid. «Aber die Debatte darf man führen.» Die neutralitätsrechtliche Dimension beinhalte jedoch nur die militärische Unterstützung. «Es gibt viele andere Arten, in denen man die Ukraine oder die Opfer anderer bewaffneter Konflikte unterstützen kann.»
Wieso dürfen nicht private Unternehmen entscheiden? Der Entscheid über den Export von Rüstungsgütern ist eine staatspolitische Angelegenheit. «Das Neutralitätsrecht bedeutet auch, dass der Staat alle seine Regeln auch auf die privaten Akteure anwendet», sagt Juristin Schmid. Und das sei vernünftig: «Wir haben verschiedene aussenpolitische Ziele in der Verfassung; die Friedenssicherung, regionale Stabilität, das Wohlergehen der Menschen. Wenn der Staat sich ganz aus dieser Sache zurücknehmen würde, hätten wir gar nichts in der Hand, diese aussenpolitischen Ziele als Staat wahrnehmen zu können.»