Hochstamm-Obstbäume sind als Lebensräume für Fledermäuse und Steinkäuze wertvoll und gehören zum Schweizer Landschaftsbild. Aber die knorrigen, hohen Bäume bedeuten viel Arbeit bei der Ernte. Deshalb setzt der Jurapark Aargau auf das Projekt «Baumglück».
Dabei wollen zwei Stiftungen jene Äpfel und Birnen einsammeln, die an den Hochstammbäumen hängen bleiben. Später wird aus den Früchten Most. «Baumglück» mache seit acht Jahren Mensch und Tier glücklich, sagen die Verantwortlichen. Zwei davon hat SRF besucht.
«Besitzen Sie Hochstämmer, deren Früchte Sie dieses Jahr nicht ernten werden?» Mit diesem Appell richtet sich der Jurapark Aargau an Landwirtschaftsbetriebe und Private. In den letzten Jahrzehnten habe dieser Baumbestand nämlich kontinuierlich abgenommen, sagten die Verantwortlichen des Juraparks. Ein Grund: der grosse Arbeitsaufwand.
Der Aufwand sei zeitlich wirklich gross, sagt zum Beispiel Arno Wernle, Betriebsleiter des Ditterehof in Herznach AG. Wernle besitzt Hochstammbäume und hält vor allem wegen der Biodiversität daran fest. Finanziell seien sie nicht interessant. Deshalb nutze er für seinen Hof nur zehn Prozent dieser Bäume. Bei seinen restlichen Hochstämmern sammeln die Stiftungen für das Projekt Baumglück die Äpfel ein.
Viele Bäume gehören Privaten
Total 180 Bäume von 48 Besitzerinnen und Besitzern würden dank Baumglück im Jurapark in diesem Jahr so genutzt, sagt Patrick Spinelli, Leiter Regionalproduktion beim Jurapark Aargau, auf dem Rundgang in Herznach.
«Es sind viele Private, die Hochstammbäume haben. Sie haben sie von den Eltern geerbt und schaffen es aus zeitlichen Gründen oder altersbedingt nicht mehr, die Bäume zu bewirtschaften.» Baumglück hilft, die Früchte zu ernten und das Fällen der arbeitsintensiven Hochstämmer zu verhindern.
Es sind oft Private, die Hochstammbäume geerbt haben.
Für zwei Stiftungen schütteln Menschen mit Handicap und Asylsuchende aus der Region die hohen Bäume mit sogenannten Pflückstangen. Das Obst fällt auf den Boden und wird eingesammelt. Je nach Wetter sei der Ertrag sehr unterschiedlich, weiss Patrick Spinelli vom Jurapark aus den Erfahrungen der letzten Jahre. So kommen teils viele Äpfel – bis zu 20 Tonnen pro Saison – zusammen, oder kaum etwas.
Das Ziel der Aktion: Auch kommende Generationen sollen sich über blühende Hochstammbäume in der Landschaft freuen können. Damit wäre auch den Tieren geholfen, die darauf leben. Vögel, Fledermäuse, Schläfer, Igel, Spinnen, Schmetterlinge, Schwebfliegen, Käfer und viele weitere Insektengruppen kommen hier vor, heisst es beim Verband Hochstamm Suisse.
Verkauft wird der Hochstamm-Most aus dem Jurapark Aargau von den Stiftungen MBF und Faro sowie in kleineren Läden und Coop-Filialen. Verwerte werde das Obst in drei regionalen Mostereien im Fricktal, sagt Patrick Spinelli vom Jurapark. Der grosse Teil des Baumglück-Mosts gehe direkt zu Coop.
Die Äpfel schmecken übrigens nicht nur als Most. Auch die Kühe auf der Weide in Herznach haben sie gerne, sagt Landwirt Arno Wernle: «Wenn die Kühe jeweils frisch auf die Weide kommen, fressen sie als Erstes immer die Äpfel auf.»
Freude herrsche bei den Kühen nicht nur der Leckereien wegen, sondern auch wegen des Schattens, den die Hochstammbäume im Sommer auf die Weide werfen, erzählt der Landwirt weiter. Hochstämmer zu fällen, das käme auch deshalb nicht infrage.