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Gorbatschow – «Im Westen idealisiert, im Osten verteufelt»
Aus Rendez-vous vom 31.08.2022. Bild: KEYSTONE/DPA/Bernd von Jutrczenka
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Schweizer Weggefährte «Gorbatschow wollte, dass alle genug haben, aber nicht zu viel»

Der ehemalige Zürcher Nationalrat Roland Wiederkehr kannte Michail Gorbatschow persönlich. Gemeinsam haben sie die Umweltstiftung Green Cross International gegründet. Wiederkehr erinnert sich im Gespräch an die geschäftliche und die persönliche Beziehung mit Gorbatschow.

Roland Wiederkehr

Politiker

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Wiederkehr war von 1987 bis 2003 Mitglied des Nationalrats. Zunächst sass er für den Landesring der Unabhängigen, später als Parteiloser im Rat. Er war Gründer und Direktor der Umweltstiftung Internationales Grünes Kreuz.

SRF News: Was kommt Ihnen als Erstes in den Sinn, wenn Sie an Michail Gorbatschow denken?

Roland Wiederkehr: Er war ein feiner Mensch, ein guter Mensch. Er hat schon vor 35 Jahren erkannt, dass die Zerstörung der Lebensgrundlagen die grösste Bedrohung für die Menschheit darstellt.

Sie haben für die Stiftung Green Cross International mit ihm zusammengearbeitet. Wie haben Sie ihn da erlebt?

Als völlig aufgeschlossen. Er wusste, worum es geht. Er wollte die Gelder, die für Kriege eingesetzt werden, für die Erhaltung der Natur und der Umwelt einsetzen. Er wusste auch, dass kriegerische Ereignisse zu grosser ökologischer Zerstörung führen. Und das war ja der ganze Sinn und Inhalt von Green Cross.

Für ihn galt es, die Welt so zu gestalten, dass alle genug haben, aber nicht zu viel.
Autor:

Und auch, dass zum Beispiel ein Mangel an Wasser zu kriegerischen Ereignissen führen kann. Für ihn galt es, die Welt so zu gestalten, dass alle genug haben, aber nicht zu viel. Und deshalb hat er dann auch den Friedensnobelpreis erhalten.

Gorbatschow sitzt hinter seinem Namensschild.
Legende: Roland Wiederkehr war Gründer und Direktor der Umweltstiftung Green Cross International. Deren Präsident war Michail Gorbatschow. Keystone/Salvatore di Nolfi

Er war ein Politiker, der sich auf dem internationalen Parkett bewegte. Wie war er im Umgang?

Sehr, sehr angenehm. Er hat sofort immer die Türen öffnen können und damit die Herzen. Zumindest in der westlichen Welt. In der ehemaligen Sowjetunion, dann Russland, war das natürlich nicht möglich. Zu viele Leute hatten das Gefühl, ihnen würden Privilegien weggenommen.

Auf Ihre Initiative hin hielt Gorbatschow im Jahr 2000 eine Rede im eidgenössischen Parlament zur Notwendigkeit der Abrüstung. Welche Erinnerungen haben Sie an diesen Tag?

Alle von links bis rechts waren total begeistert. Sie wollten Unterschriften von ihm haben. Interessanterweise auch Leute, die sich heute für Putin starkmachen. Die waren damals voll der Begeisterung für den Abrüster Gorbatschow. Denn er war der Meinung, dass für Kriege eingesetztes Geld gebraucht werden sollte, um der Menschheit das Überleben zu ermöglichen.

Im Jahr 2000 sprach Michail Gorbatschow im Schweizer Parlament.
Legende: Im Jahr 2000 sprach Michail Gorbatschow im Schweizer Parlament zum Thema der Massenvernichtungswaffen. Keystone/Lukas Lehmann

Haben Sie auch ein Autogramm geholt oder haben Sie ein anderes Erinnerungsstück?

Nein. Ich habe mit Gorbatschow damals eine «Wetten, dass…?»-Sendung in Deutschland organisieren können. Sie hat zwei Millionen Deutsche Mark eingebracht. Und das war auch der Startschuss für die Organisation Green Cross. Ich war Chef des WWF und habe gesehen, dass die Lebensgrundlagen das Wichtigste sind, was diese Menschheit zusammenhalten sollte.

In Gorbatschow habe ich einen Gleichdenkenden gefunden.
Autor:

In Gorbatschow habe ich einen Gleichdenkenden gefunden. Das ist der Grund, warum wir zusammen das Grüne Kreuz gegründet haben. Und im WWF wollte ich das nicht positionieren, denn es hatte mit Abrüstung und mit der Vermeidung von kriegerischen Ereignissen zu tun. Das hatte keinen Platz im WWF. Deshalb haben wir zusammen die neue Organisation Grünes Kreuz gegründet.

Das Gespräch führte Brigitte Kramer.

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Nachruf auf Michail Gorbatschow, der die Welt verändert hat
aus HeuteMorgen vom 31.08.2022. Bild: Archiv/Dukas
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Rendez-vous, 31.08.2022, 12:30 Uhr ; 

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