In sechs Kantonen ist Sexarbeit seit Monaten verboten: Zürich, Basel-Stadt, Aargau, Luzern, Nidwalden und Tessin. Begründet wird dies mit dem hohen Ansteckungsrisiko.
Erst letzte Woche hat der Kanton Aargau das Verbot bis mindestens Mitte April verlängert. Er schreibt, aufgrund des engen Körperkontakts und wegen der hohen Fluktuation von einander nicht bekannten Personen bestehe in diesen Betrieben sowohl eine erhöhte Ansteckungsgefahr als auch eine erschwerte Rückverfolgbarkeit von Übertragungsketten. Ähnlich wie im Aargau klingt es auch im Kanton Zürich.
Nicht weniger Corona-Ansteckungen
Zahlen als Beleg dafür, dass die Prostitution für mehr Coronafälle sorgt, können die Kantone allerdings nicht vorweisen. Diese Zahlen gebe es auch gar nicht, sagt Rebecca Angelini, Geschäftsführerin von Procore, dem nationalen Netzwerk von Beratungsstellen für Sexarbeitende. So seien die Coronazahlen in den Kantonen mit einem Prostitutionsverbot nicht tiefer als in den anderen.
Es ist eine Diskriminierung, dass nur das Sexgewerbe verboten ist.
Zudem: «Andere Körperdienstleistungen wie etwa Massage oder Kosmetik sind weiterhin erlaubt. Es ist eine Diskriminierung, dass nur das Sexgewerbe verboten ist», sagt Angelini.
Denn auch im Sexgewerbe gebe es ein Schutzkonzept mit Hygienemassnahmen, Kontaktdatenpflicht und beispielsweise einem Kussverbot. Komme hinzu, dass ein Arbeitsverbot nicht nur wenig nütze, sondern gar kontraproduktiv sei.
Sexarbeit in der Illegalität
In der Realität sei es nämlich so, dass aufgrund der Not der Sexarbeitenden trotzdem weitergearbeitet wird – dann einfach in der Illegalität. «Und dort ist dann der Zugang zu den Frauen erschwert. Das heisst, die Angebote der Gesundheitsprävention erreichen die Frauen nicht mehr», betont Angelini.
Dies wiederum führe dazu, dass sexuell übertragbare Krankheiten wie Tripper oder Syphilis zunehmen würden. Auch aus der Gesundheitsperspektive würde eine Öffnung also Sinn ergeben. Jetzt hat die SP im Kanton Aargau einen entsprechenden Vorstoss eingereicht, damit das Sexarbeitsverbot per sofort aufgehoben wird.
Jetzt wird Corona einfach vorgeschoben, um gegen die Sexarbeit vorzugehen.
Angelini von Procore hat aber wenig Hoffnung. Sie glaubt nämlich, dass nicht nur pandemische Gründe dagegen sprechen: «Mir kommt es fast ein bisschen so vor, als ob man dort grundsätzlich ein Problem mit der Sexarbeit hätte. Jetzt wird Corona einfach vorgeschoben, um gegen die Sexarbeit vorzugehen.»
So herrscht im Rotlichtmilieu von Grossstädten wie Zürich und Basel bis auf Weiteres tote Hose – mindestens offiziell.