Am 24. Juli ist über La Chaux-de-Fonds ein schwerer Sturm hereingebrochen. Er hinterliess grosse Schäden: Zahlreiche Bäume wurden umgeknickt und Tausende von Gebäuden beschädigt – besonders deren Dächer.
Weil viele Dächer nun saniert werden müssen, könnten auch gleich Solarpanels installiert werden. Das ist zumindest der Plan von Solarpromotoren aus der Westschweiz: Sie finden, die Katastrophe müsse als Chance gesehen werden. An einer Veranstaltung in La Chaux-de-Fonds wurde die Idee vergangene Woche diskutiert.
«Die Schäden waren furchtbar», sagte Laurent Scacchi eingangs der Diskussion. Aber genau darin liege auch eine Chance. Der Präsident des Verbands AEE Schweiz – dem Dachverband für erneuerbare Energien und Energieeffizienz in der Romandie – zeigte sich überzeugt, dass La Chaux-de-Fonds erneut seinen Pioniergeist unter Beweis stellen kann.
Wohlwollen...
Denn auch das heutige, Unesco-gekrönte Stadtbild ging aus einer Katastrophe hervor. Ein verheerender Brand zerstörte die Stadt 1794. Beim Aufbau wurden schachbrettartige Strassenpläne erstellt, die an amerikanische Städte erinnern. Damit sollte erreicht werden, dass alle Ateliers für die Uhrenindustrie genug Licht hatten. Warum nicht ein zweites Mal eine Katastrophe für Veränderung nutzen?
Nach der Veranstaltung gab es durchaus Wohlwollen für das Vorhaben. So etwa von Rémy Gogniat. Er ist 75 Jahre alt und Besitzer eines Wohnblocks, der mitten im Unesco-geschützten Stadtzentrum steht. Der Mann im Daunengilet und den nach hinten gekämmten grauen Haaren wollte sein Dach ohnehin sanieren. Nach den Sturmschäden steht die Sanierung nun an – und Gogniat will Solarpanels installieren.
Das ist aber nicht so einfach. Denn die Anforderungen des Denkmalschutzes sind hoch. Nur auf der oberen Dachhälfte, integriert ins Dach und nicht einige Zentimeter über den Ziegeln, sind Solarpanels möglich. Wenn diese Regeln eingehalten werden, sagt auch Patrick Jobin von der Stadt La Chaux-de-Fonds Ja zu Solarpanels.
Die strengen Regeln gelten für das ganze von der Unesco geschützte Gebiet. «Ein Drittel aller Gebäude der Stadt sind so geschützt, insgesamt 2500 Häuser», so Jobin.
...und Skepsis
An diesem Abend zugehört hat auch Benoît Dubosson, mit einiger Skepsis. Denn er vertritt die Sektion Baukultur des Bundesamts für Kultur – er steht für den Unesco-Schutz ein. Der Bundesamt-Vertreter ist nicht grundsätzlich gegen Solarpanels auf Unesco-geschützten Bauten. Aber eigentlich hätte er sie lieber woanders. Aus dem Ja wird so ein Ja, aber.
Hinzu kommen Probleme mit der Wirtschaftlichkeit der Gebäude. La Chaux-de-Fonds hat in den letzten Jahren Einwohnerinnen und Einwohner verloren, viele Wohnungen stehen leer und sind günstig. Investitionen sind so unattraktiv. Immerhin spricht die Stadt ab Ende Jahr zusätzliche Gelder für Solarpanels.
Die Revolution wird vertagt
Dennoch sieht Patrick Jobin von der Stadt nicht den gleichen Pioniergeist wie nach dem Brand Ende des 18. Jahrhunderts: «Ich glaube nicht, dass sich das Stadtbild nach dem Unwetter nochmals so verändern wird wie nach der Brandkatastrophe von damals.» Aber: Der Moment für bessere Isolation und einige Solarpanels sei jetzt gekommen.
Es dürfte also keine erneute Revolution in La Chaux-de-Fonds geben, sondern eher einen Wandel in kleinen Schritten. Wie anderswo auch.