Schwarze Trainerhosen und rot-weisser Kapuzenpulli statt grüner Militärkleidung: Die Sportsoldaten erscheinen zwar im Einheitstenue zum Mittagessen in der Kantine in Magglingen, aber das Militär scheint weit weg. Das bestätigt Seraina Friedli, 26 Jahre alt, Torhüterin bei den Berner Young Boys und im Schweizer Nationalteam.
Fussballerin profitiert auf allen Ebenen
Friedli ist nun neun Wochen im WK, kann sich in Magglingen voll auf den Sport konzentrieren. Professionelle Trainingsbedingungen, ungewohnt für eine Fussballerin in der Schweiz.
Kein Brotjob, kein Stress – dafür mehr Training, Regeneration und eine Sold-Entschädigung. «Mit der Spitzensport-RS kann ich täglich an mir arbeiten.» Mehrere Wochen im Jahr könne sie sich so voll auf den Sport konzentrieren.
Während Friedli den Nachmittag zur Regeneration nutzt, arbeitet Marisa Wunderlin in ihrem Büro beim Bundesamt für Sport Baspo. Die 32-Jährige ist dort wissenschaftliche Mitarbeiterin. Zudem fungiert sie als Assistenztrainerin des Frauen-Nationalteams.
Die Spitzensport-RS kann mithelfen, die Nationalliga A zu stärken und damit auch den Frauenfussball.
Wunderlin ist überzeugt, dass die Kombination von Spitzensport und Militär nicht nur für die Fussballerinnen Vorteile bringt: «Sie kann mithelfen, die Nationalliga A zu stärken und damit auch den Frauenfussball.» Man müsse weiter daran arbeiten, den Klubs und den Spielerinnen die Vorteile aufzuzeigen.
Seit letztem Jahr wirbt Wunderlin als Verantwortliche Frauenfussball beim Baspo für die Spitzensport-RS bei jungen Fussballerinnen. Sie macht für die Talente Informationsveranstaltungen oder verschickt Briefe.
Denn allgemein besteht bei Teamsportarten in Sachen Spitzensport-RS Nachholbedarf: In den letzten 15 Jahren haben 779 Sportler die Spitzensport-RS besucht, 88 davon waren Frauen – vor allem aus Wintersportarten wie Ski alpin, Snowboard oder Biathlon. Aber erst zwei Fussballerinnen.
Den Grund für diese Unterschiede kennt auch Wunderlin nicht, sie weiss aber: Das Militär an sich ist einer der Hauptgründe, dass junge Sportlerinnen nicht in die RS wollen. Dabei hat eine Spitzensport-RS nur wenig mit einer normalen RS gemeinsam. Es gibt auch keine Waffen.
«Das muss respektiert werden», sagt Wunderlin zur Skepsis gegenüber dem Militär. «Es ist aber schade, wenn wir es nicht schaffen, den Sportlerinnen die Vorteile so aufzeigen zu können, um das wettzumachen.» Es sei aber nicht das Ziel, die Frauen in etwas hineinzuziehen, hinter dem sie nicht stehen könnten.
Ganz ehrlich, meiner erster Gedanke war: sicher nicht.
Auch für Malin Gut, Mittelfeldspielerin des Grasshopper-Clubs, war die RS nie ein Thema: «Ganz ehrlich, meiner erster Gedanke war: sicher nicht.» Nach der Matur im Sommer möchte die 19-Jährige als Profi ins Ausland, das Militär passt nicht in den Karriereplan. Und auch wenn das Angebot eine gute Sache sei, vertrete man das Militär. «Damit hätte ich Mühe.»
Gut hat sich dagegen, Friedli für die Spitzensport-RS entschieden. Auch wenn es noch ein sehr weiter Weg ist, bis im Schweizer Frauenfussball Profibedingungen herrschen: Die Spitzensport-RS kann für junge Spielerinnen ein erster Schritt in diese Richtung sein – und ist vielleicht auch eine Inspiration für andere Teamsportlerinnen.
Echo der Zeit vom 05.02.2020, 18 Uhr.