«Sämtliche Bautätigkeiten in der ganzen Stadt sind blockiert. Diese Stagnation ist schwierig», sagt Matthias Anderegg. Der SP-Kantonsrat hatte die Ortsplanung als ehemaliger SP-Gemeinderat vorangetrieben. Und sein Architekturbüro ist in mehrere Bauprojekte in der Stadt involviert.
Wie in vielen Schweizer Städten ist der Wohnraum in Solothurn knapp. Es müsste mehr und dichter gebaut werden. Das soll die Revision der Ortsplanung ermöglichen – aber gegen diese haben zahlreiche Bürgerinnen und Bürger Einsprache erhoben.
Bürgerinnen und Bürger wehren sich
So auch Mike Steiner. Er hat vor gut zehn Jahren eine Attikawohnung mit einer grossen Terrasse gekauft. Doch nun ist unmittelbar vor Steiners Wohnung eine fünfstöckige Überbauung geplant. Steiner sei zwar klar gewesen, dass das Gebiet Bauland ist. Aber: «Es wurde uns gesagt, dass es Einfamilienhäuser gebe, maximal zwei- oder dreistöckig.»
Doch die revidierte Ortsplanung erlaubt auf dem Areal neu fünfstöckig zu bauen. Steiner wehrt sich für seine Aussicht – aber auch, weil er die geplante Überbauung für überdimensioniert hält.
Auch ehemaliger Stadtplaner übt Kritik
Kritik an der neuen Ortsplanung übt auch der ehemalige Stadtplaner Daniel Laubscher. Er hatte die Revision zunächst selbst geleitet – überwarf sich aber mit der Stadt. Diese übertreibe es mit der Verdichtung, sagt Laubscher heute. Man müsse den Charakter der Quartiere bewahren, verdichten mache vor allem im Zentrum Sinn, wo der Verkehr optimal erschlossen ist – aber nicht am Stadtrand. «Man kann nicht mit der Giesskanne verdichten und überall gleichviel aufzonen.»
Zudem findet Laubscher, der zwei Beschwerdeführer vertritt, die Bevölkerung habe zu wenig mitreden können. Eine Kritik, die Anderegg nicht nachvollziehen kann. Es habe Mitwirkungs- und Vernehmlassungsverfahren gegeben. An diesen hätten 1500 Personen teilgenommen.
Zum Vorwurf, in Solothurn würde nach dem Giesskannenprinzip aufgezont, schreibt die Stadt: Die zuständige Kommission und der Gemeinderat hätten sich aufgrund von Einsprachen mit der Verdichtungsfrage auseinandergesetzt und seien eindeutig zu einem anderen Schluss gekommen.
Bau eines Kongresszentrums blockiert
Neben Wohnbauprojekten und dem Ausbau des Altersheims ist auch der Bau eines Kongresszentrums blockiert. Ypsomed-Chef und FDP-Nationalrat Simon Michel möchte der Stadt eines errichten – vierstöckig, gemäss neuer Ortsplanung. Weil diese aber nicht in Kraft tritt, klafft neben dem Ypsomed-Sitz noch immer eine Baugrube. Nun baut Michel drei statt vier Stöcke – nach den alten Regeln.
Michel stört sich ganz grundsätzlich an der Blockade. «Es kann nicht sein, dass wenige Menschen den Fortschritt in einer Stadt, in einem Land einschränken. Wir müssen das Beschwerderecht einschränken.»
Entscheid wird im Herbst erwartet
35 Einsprachen gegen die Revision der Ortsplanung sind vor dem Verwaltungsgericht Solothurn hängig. Der Entscheid wird noch diesen Herbst erwartet. Er hoffe, dass die Einsprechenden den Entscheid nicht bis vors Bundesgericht ziehen, sagt Matthias Anderegg. «Weil dann würde man die Stadt noch einmal um zwei Jahre total blockieren, was für die Entwicklung und auch volkswirtschaftlich eine kleinere Katastrophe wäre.»