Anrufe aufs Mobiltelefon, Werbung in den sozialen Medien und überall der Aufruf, die Krankenkasse zu wechseln. Sogar Gesundheitsminister Alain Berset sagte im Westschweizer Radio, man solle zu einer billigeren Krankenkasse wechseln. Doch was bringt das?
«Aus gesellschaftlicher Sicht kann das Wechseln der Kasse das Prämienwachstum nicht bremsen», sagt Andreas Kohler, Co-Leiter der gesundheitsökonomischen Forschung an der Zürcher Hochschule für angewandte Wissenschaften (ZHAW).
Wechsel senkt Gesamtkosten nicht
Wenn jemand einfach zu einer billigeren Kasse wechselt, aber beim selben Versicherungsmodell bleibt, senkt das zwar die individuellen Prämien – nicht aber die Gesundheitskosten.
Das heisst: Der Einzelne zahlt weniger, die Gesamtkosten bleiben aber hoch, da nicht automatisch weniger Leistungen, wie beispielsweise Arztbesuche, in Anspruch genommen werden.
Anders sieht es aus, wenn jemand das Versicherungsmodell wechselt, beispielsweise auf ein Hausarztmodell. Dabei muss eine Patientin oder ein Patient immer zuerst zum Hausarzt, bevor er oder sie zur Spezialistin kann.
Ziel dieses Modells ist es, dass kranke Menschen durch den Hausarzt rundum gut betreut sind und dadurch weniger medizinische Leistungen in Anspruch nehmen. «Mittel- bis langfristig sollen so Kosten gespart werden», sagt Kohler.
Kassenwechsel verursacht Kosten
Ende 2022 hatte gut jede vierte Person angegeben, dass sie die Kasse wechseln will. Und dieser Wechsel verursacht Kosten. Wie viel genau wird laut Kohler von der ZHAW nicht untersucht. Die Auswertungen des Bundesamtes für Gesundheit (BAG) zeigen aber, dass die gesamten Verwaltungskosten der Krankenkassen in den letzten Jahren nicht gestiegen sind. Sie liegen im Durchschnitt relativ stabil bei gut fünf Prozent.
Eine Krankenkasse, die die Folgen der Kassenwechsel Ende letzten Jahres stark zu spüren bekommen hat, ist die KPT. Sie ist regelrecht überrannt worden von neuen Kunden, weil sie in vielen Kantonen günstiger war als andere Kassen.
Wenn eine solche Kasse dann an ihre Kapazitätsgrenze komme, sei das sicher ein negativer Effekt des Wechselns, so Kohler von der ZHAW. Schliesslich muss die betroffene Krankenkasse für die neuen Versicherten Reserven aufbauen und das Personal auf mehr Versicherte ausrichten.
Optimierte medizinische Betreuung kann Kosten senken
«Wenn diese Versicherten im nächsten Jahr wieder zu einer anderen Kasse abwandern, sind die Investitionen aus gesamtgesellschaftlicher Sicht quasi verschwendet worden», sagt Kohler. In der Tat steigen die Krankenkassenprämien bei der KPT per 2024 überdurchschnittlich an – manche ihrer Versicherten dürften deshalb zu einer billigeren Kasse wechseln.
Wer aus gesamtgesellschaftlicher Sicht für tiefere Gesundheitskosten sorgen will, macht das also nicht mit dem Wechseln der Krankenkasse, sondern indem sie oder er sich überlegt, welches die richtige Gesundheitsbehandlung im jeweiligen Moment ist.