Sie kontrollieren etwa Temperatur, Druck, und Spannung: die Mitarbeiter des Kernkraftwerks Mühleberg. Doch bald ist Schluss damit. In drei Monaten nimmt der Stromkonzern BKW das Kernkraftwerk vom Netz, die Arbeit eines klassischen AKW-Mitarbeiters wird damit überflüssig.
Umschulung, Motivation und ein Kulturwandel
Nicht aber die Arbeit am Kernkraftwerk selbst. Zwar werden nicht mehr Brennelemente bestellt und Prozesse überwacht, dafür Anlagen demontiert, geputzt und entsorgt. Und dies von jenen, die sie am besten kennen: von den bisherigen Angestellten des Betriebs. Sie verschrotten quasi ihren eigenen Arbeitsplatz. Das fordert Umschulung, Motivation und einen Kulturwandel.
Die meisten Angestellten liessen sich laut Kernkraftwerk-Leiter Martin Saxer für neue Aufgaben begeistern: «Von 300 Mitarbeitern wollen sich alle bis auf zwei neu ausrichten und bei der Stilllegung mitmachen.»
Von 300 Mitarbeitern wollen sich alle bis auf zwei neu ausrichten und bei der Stilllegung mitmachen
Sie liessen sich umschulen zu Strahlenschutz-Experten, Staplerfahrern oder für andere Funktionen. Einige eigneten sich dabei auch Führungskompetenzen an.
Keine Entlassung für fünf Jahre
Anwenden können sie ihre neuen Fähigkeiten ab dem 6. Januar 2020, dann beginnt der 15 Jahre dauernde Rückbau. In den ersten fünf Jahren solle niemand entlassen werden, so Kraftwerksleiter Martin Saxer, im Gegenteil: «Wir werden sogar Leute einstellen in einer ersten Phase.»
Danach braucht es aber sukzessiv weniger Mitarbeiter. Ziel der BKW ist es, auch in diesen Zeiten niemanden auf die Strasse setzen zu müssen. Dies dank natürlicher Fluktuation oder Frühpensionierungen. Zudem strebt die BKW-Gruppe stärkere Partnerschaften zwischen ihren Einzelunternehmen an. Schon heute haben die AKW-Mitarbeiter deshalb die Möglichkeit, neu auch im Engeneering oder in der Haustechnik tätig zu sein.
Detaillierte Information der Mitarbeiter
Die Mühleberger Mitarbeiter hätten während des laufenden Betriebs stets mit Stolz gearbeitet. Dass sie nun ihre eigene Arbeitsstätte verschrotten, ist vor allem dank transparenter Kommunikation möglich. Die Leitung entwickelte neue Gefässe wie das «Rückbau-Café», in welchem sie ihr Personal detailliert über neue Jobprofile und den Stilllegungsprozess informiert hat.
«Die bisherige Sicherheitskultur im Werk kann man nicht ändern. Aber wir haben den Leuten Perspektiven gegeben, was zu ändern ist. Flexibilität und Wandel sollen hier vorgelebt werden», sagt Saxer. Und ab dem 6. Januar soll dies dann auch praktiziert werden.