Dem Direktor des berühmten Basler Antikenmuseums, Andrea Bignasca, stockte vor zwei Jahren der Atem. Eine Spezialeinheit der italienischen Carabinieri beschlagnahmte damals in Turin eine kleine Bronze-Statuette des Herkules.
Die Statuette war eine Leihgabe des Antikenmuseum an das Turiner Museum Reggia di Venaria. Über diesen bislang unbekannten Vorfall vor zwei Jahren berichtete die «Basler Zeitung». Gleichzeitig liessen die italienischen Behörden seinerzeit via Rechtshilfegesuch zehn weitere Objekte blockieren, die sich in den Ausstellungsräumen des Antikenmuseum in Basel befanden. Sie dürfen seither nicht bewegt werden. Um welche es sich handelt, sagt das Antikenmuseum nicht.
Der happige Vorwurf an die Adresse des Basler Museum: Hehlerei. Die elf Kunstobjekte könnten aus Raubgrabungen in Italien stammen und illegal in die Schweiz geschmuggelt worden sein.
Wenig Verständnis in Basel
Andrea Bignasca hat für das Vorgehen der italienischen Behörden wenig Verständnis: «Es liegt kein einziger Beweis für die Vorwürfe vor», sagt er gegenüber dem SRF-Regionaljournal Basel. Die Schweizer Behörden müssen die Sache allerdings anders beurteilt haben, schliesslich haben sie vor zwei Jahren dem Rechtshilfegesuch aus Rom Folge geleistet.
Die italienischen Behörden haben keine Beweise.
Andrea Bignasca sagt, die Objekte seien vor Jahrzehnten «in gutem Glauben» angekauft worden. Man habe damals nicht gefragt, woher die Objekte genau stammten.
Wenig Provenienzforschung
Das Basler Antikenmuseum steht seit Jahren in der Kritik, zu wenig über die Herkunft seiner Kunstobjekte zu wissen. Andrea Bignasca weist diese Kritik nicht zurück. Seit einigen Jahren kümmere man sich bei Neuankäufen genau um die Herkunft der Objekte. Das verlange ein neueres Gesetz. «Aber bei den 12'000 Kunstobjekten, die sich schon sehr lange in unserem Besitz befinden, haben wir das nicht gemacht.»
Der Fokus lag bis jetzt auf Raubkunst aus der Nazizeit
Katrin Grögel, Co-Leiterin bei der Abteilung Kultur im Basler Präsidialdepartement, erklärt sich die mangelnde Forschung über die Herkunft der Kunstobjekte im Antikenmuseum so: «Im Fokus stand bis jetzt vor allem Raubkunst aus der Nazizeit, was in der Gesellschaft breit diskutiert wurde und in einem breiten historischen Kontext steht.»
Harsche Kritik aus Italien
Für diese Lesart hat man bei der italienischen Spezialeinheit der Carabinieri, welche die Beschlagnahmung und Blockierung der Basler Kunstobjekte veranlasst hat, kein Musikgehör. Ein Sprecher sagt auf Anfrage von SRF: «Italiens Kulturgüter werden seit Jahrhunderten gestohlen, geschmuggelt und illegal verkauft. Die grossen Museen dieser Welt sind voll davon. Wir haben seit über 100 Jahren eines der strengsten Kulturgütergesetze der Welt. Kunsthändler, Antiquare und Museumsleiterinnen wissen das. Aber es kümmert sie nicht sehr.»
Im Basler Antikenmuseum wird demnächst eine Stelle besetzt, die sich um die Provenienz der 12'000 Kunstobjekte kümmern soll.
Unklare Zukunft
Wie es mit dem beschlagnahmten Herkules und den zehn blockierten Objekten im Antikenmuseum Basel weitergeht, weiss auch Museumsdirektor Andrea Bignasca nicht. Man versuche zu verhandeln, sagt er. Ob er wieder einmal Objekte nach Italien ausleiht, müsse er genau prüfen. Allerdings: Bei Ausstellungen über die Antike sind Schweizer Museen häufig auf die Hilfe italienischer Museen angewiesen. Ihnen keine Objekte mehr aus der Schweiz auszuleihen, könnte also kontraproduktiv sein.