Weil die Stadt Moutier den Kanton Bern in Richtung Jura verlässt, muss Bern eine neue Lösung für seine Polizei, die Justiz und für die Verwaltung im Berner Jura finden. Diese dürfen nach dem Wechsel ab Januar 2026 nicht auf fremdem Staatsgebiet stehen. Die zuständige Kommission des Kantonsparlaments möchte dazu seine Liegenschaften in Reconvilier und Loveresse sanieren und auf einen Neubau für die Polizei und die Justiz verzichten.
Dieser Entscheid löste bei der französischsprachigen Minderheit im Berner Jura jedoch Proteste aus – und führte im Grossen Rat zu einer staatspolitischen Debatte. Ein Eklat konnte abgewendet werden. Der Kanton schafft sich nun aber neue Probleme, sagt SRF-Regionalredaktor Christian Liechti.
Was hat das Berner Kantonsparlament entschieden?
Der Grosse Rat hat sich grundsätzlich für einen Neubau in Reconvilier ausgesprochen, in dem dereinst Polizei und Justiz untergebracht werden sollen. Das Parlament fiel damit seiner vorberatenden Kommission in den Rücken, die die Neuorganisation der Kantonsverwaltung im Berner Jura unter die Lupe genommen hatte. Sie lehnte einen Neubau ab und empfahl, die leerstehenden Liegenschaften des Kantons im Berner Jura zu nutzen. In keinem anderen Kantonsteil sind die Leerstände derart gross wie im Berner Jura.
Wieso ist dies so umstritten?
Ein Neubau ist für die französischsprachige Minderheit im Berner Jura wichtig. Sie forderte diesen im Parlament mit Nachdruck, was dem Geschäft eine neue Dimension verlieh: Es wurde im Grossen Rat nicht mehr als Baugeschäft behandelt, sondern als ein Geschäft mit staatspolitischer Tragweite. Zahlreiche Sprecherinnen und Sprecher befürchteten, dass bei einer Ablehnung des Neubaus der Jura-Konflikt neu entfacht werden könnte. Hinzu kamen regionalpolitische Befindlichkeiten, was zu einer ziemlich emotionalen Debatte im Rathaus führte.
Noch unklar ist, was ein Neubau für die Polizei und die Justiz in Reconvilier überhaupt kostet. Im Schnelldurchlauf wurde der Wegzug der Verwaltung aus Moutier aufgegleist und die neue Verwaltungslandschaft im Berner Jura auf dem Reissbrett geplant.
Hinzu kommt: Die Zeit drängt. Eine Verzögerung liegt nicht drin, mahnte der zuständige Regierungsrat Christoph Neuhaus mehrfach.
Öl ins Feuer goss auch die Deputation. Sie vertritt die französischsprachige Minderheit in der Region und drohte, von ihrem verfassungsmässigen Veto Gebrauch zu machen, sollte eine Mehrheit des Parlaments einen Neubau ablehnen.
Angesichts des engen Zeitkorsetts und den knappen Kantonsfinanzen stiess sie mit diesem Machtgebaren die Vertreterinnen und Vertreter anderer ländlicher Regionen vor den Kopf – namentlich aus dem Berner Oberland, Emmental und Oberaargau.
Ist das der Start von weiteren Diskussionen und wird die Jurafrage neu aufleben?
Die Vertreterinnen und Vertreter des Berner Juras haben im Vorfeld der Debatte und heute im Grossen Rat ziemlich viel Geschirr zerschlagen. Mit dem Kräftemessen haben sie Wohlwollen bei anderen vernichtet.
Auch von einer Gleichbehandlung der Regionen des Kantons Bern kann längst nicht mehr die Rede sein, wenn die französische Minderheit im Berner Jura noch und noch versucht, für sich ein Maximum herauszuholen.
Dies war bereits bei der Verwendung der Lotteriefondsgelder der Fall und jetzt wieder beim Verwaltungs-Projekt. Im Gegensatz dazu müssen die anderen Regionen immer wieder Federn lassen, etwa bei den landwirtschaftlichen Schulen, die im Emmental oder Oberaargau geschlossen werden sollen.
Die Nerven liegen blank – im Berner Jura genauso wie im Rest des Kantons Bern.