Da von den grösseren Parteien lediglich die Delegierten der SVP die Nein-Parole zum Stromversorgungsgesetz gefasst haben, kommt es in der «Arena» zum Aufeinandertreffen von SVP-Bundesrat Albert Rösti und SVP-Vizepräsidentin Magdalena Martullo-Blocher. Ihre Meinungen gehen in der Sendung mehrfach diametral auseinander. «Das stimmt einfach nicht», heisst es von beiden Seiten.
Der Energieminister stellt eingangs klar: «Die Schweiz braucht dringend mehr Strom. Momentan besteht das Risiko einer potenziellen Mangellage.» Daher gelte es, insbesondere die Lücken für den Winterstrom zu schliessen. Das vorliegende Gesetz stelle die entsprechenden Weichen, so Rösti.
Martullo-Blocher widerspricht: «Die Stromversorgung ist mit dieser Vorlage hinten und vorne nicht gesichert.» Denn auf Wind- und Solarenergie, auch Flatterstrom genannt, könne man vor allem im Winter nicht zählen. Die Berner SP-Nationalrätin Nadine Masshardt führt einen weiteren Aspekt ins Feld: «Der Fokus von diesem Gesetz liegt klar auf dem Ausbau der Solarenergie auf der bestehenden Infrastruktur.»
Dieses Gesetz will den Naturschutz radikal aushöhlen.
Vera Weber, welche als Präsidentin der Fondation Franz Weber das Referendum mitlanciert hat, ist anderer Meinung. Im Gesetz stehe nirgends, dass ein Grossteil der Solaranlagen tatsächlich auf bestehender Infrastruktur gebaut werden solle. Daher sorgt sich Weber um die Landschaft der Schweiz und befürchtet deren Verschandelung.
Auch dem Präsidenten des Verbands Freie Landschaft Schweiz, Elias Vogt, ist die Vorlage ein Dorn im Auge: «Dieses Gesetz will den Naturschutz radikal aushöhlen.» Zudem habe die Schweizer Bevölkerung in den letzten drei Jahren die Solarstromproduktion auf freiwilliger Basis verdoppelt. Folglich sei dieses Gesetz völlig unnötig.
Wenn wir die Pariser Klimaziele erreichen und die Stromversorgung sicherstellen wollen, dann ist dieses Gesetz der erste Schritt.
Thomas Vellacott, Geschäftsleiter WWF Schweiz, vertritt in dieser «Arena» die Mehrheit der Umwelt- und Naturschutzverbände, welche sich hinter das Stromversorgungsgesetz stellen. «Dieses Gesetz erlaubt es uns, die erneuerbaren Energien auf eine naturverträgliche Art auszubauen und damit den Klimaschutz zu fördern», so Vellacott. Auch FDP-Nationalrat Christian Wasserfallen unterstützt das Anliegen: «Wenn wir die Pariser Klimaziele erreichen und die Stromversorgung sicherstellen wollen, dann ist dieses Gesetz der erste Schritt.»
Wer hat das letzte Wort?
Jenseits der Bedenken in puncto Landschaftsschutz beschäftigt Hans Weiss, Mitglied des Referendumskomitees und Landschaftsschutz-Pionier, das Mitspracherecht der Bevölkerung und Verbände: «Dieses Gesetz höhlt das Beschwerderecht aus.» Er unterstütze die Energiewende, jedoch zahle man mit diesem Gesetz einen zu hohen Preis. Auf der anderen Seite versichert Nadine Masshardt, dass im Parlament entsprechende Anpassungen erfolgt seien und die Bevölkerung sowie Umweltschutzverbände auch in Zukunft intervenieren könnten.
Das Gesetz ist perfide!
Energieminister Rösti doppelt nach: «Es ist wichtig, dass die Basis weiterhin bestimmen kann – und das garantiert dieses Gesetz.» Martullo-Blocher hingegen ist überzeugt, dass Projekte von nationalem Interesse über die Köpfe der Bevölkerung hinweg entschieden werden. «Das Gesetz ist perfide!», mahnt die SVP-Vizepräsidentin.
Wird der Strom teurer?
Auch bei der Frage nach den Auswirkungen auf den Strompreis scheiden sich die Geister. Bundesrat Albert Rösti versichert: «Der Strompreis wird sich wie bis anhin am internationalen Markt richten.» Da mit dem Stromversorgungsgesetz die Unabhängigkeit vom Ausland gestärkt werde, könne auch die Preisstabilität verbessert werden, führt Nadine Masshardt aus. Martullo-Blocher kann diesem Argument nichts abgewinnen. Für sie ist klar: «Der stark subventionierte Netzausbau muss von jemandem bezahlt werden. Ich glaube nicht, dass der Strompreis gleich bleibt.»
Bei der Trendumfrage von GFS Bern erklärten rund drei Viertel der befragten Stimmberechtigten, «eher» oder «bestimmt» für das Stromversorgungsgesetz zu stimmen. Ob die Gegnerschaft bis zur Abstimmung noch genügend Aufwind bekommt, ist fraglich. Die Bevölkerung entscheidet am 9. Juni über die Vorlage.