Lurtigen ist Tabakland. Hier, im Gebiet der Kantone Freiburg, Bern und Waadt wird der Grossteil des Schweizer Tabaks angebaut. Während diese Kulturpflanze in Deutschland oder Österreich praktisch verschwunden ist, leben hierzulande immer noch rund 120 Betriebe vom Tabakanbau.
«Hier haben wir fünfmal geerntet», sagt Tabakproduzent Pascal Johner auf einem seiner Tabakfelder. Fünfmal haben er und seine sechs Erntehelfer dieses Jahr von Hand bei jeder einzelnen Pflanze die reifen Blätter abgerissen.
Das sind über 1000 Arbeitsstunden für einen Hektar Tabak – im Gegensatz etwa zu Weizen, bei dem man von vierzig Arbeitsstunden pro Hektar und Jahr ausgeht.
Ein Vielfaches des Weltmarktpreises
Viel Arbeit bedeutet höhere Preise. Und nur mit einem arbeitsintensiven Produkt wie Tabak könne er auf seinen zehn Hektaren genug erwirtschaften, um die fünfköpfige Familie durchzubringen, sagt Johner.
Nach dem Ernten werden die Blätter der Tabakpflanze getrocknet, nach Qualität sortiert und verpackt. Und wenn er den letzten Tabak ausgeliefert hat, beginnt Johner schon wieder damit, Setzlinge aufzuziehen.
Auf dem Hof, zwischen der 13 Meter hohen Tabakscheune und dem geduckten Bauernhaus, öffnet Johner einen seiner sechs Trocknungsöfen: «Wenn der Tabak nicht sorgfältig getrocknet wird, kann er grau werden.»
Schlechter Tabak heisst: Die Einkaufsgenossenschaft für Inlandtabak (Sota) zahlt viel weniger als die maximalen 17.40 Franken pro Kilo getrockneten Tabaks.
2.6 Rappen gehen an Tabakbauer
Die 17.40 Franken für ein Kilo Rohtabak sind ein Vielfaches des Weltmarktpreises. Dabei ist Schweizer Tabak qualitativ nichts Besonderes. Bezahlen kann die Sota den Preis nur, weil sie für jedes Päckchen Zigaretten, das in der Schweiz verkauft wird, 2.6 Rappen erhält – gleich viel wie die Tabakprävention.
Ohne das Geld aus dem Sota-Fonds wäre der Tabakanbau in der Schweiz passé, so wie in Deutschland oder Österreich. «Zum Weltmarktpreis würde der Tabakanbau für uns keinen Sinn machen», sagt Johner, Tabakproduzent in dritter Generation.
Jedes Jahr wird neu festgelegt, wie hoch die Preise sind und wie viel Kilogramm jeder der rund 120 Tabakproduzenten in der Schweiz liefern darf. Diese Menge habe in den letzten Jahren nur wenig geschwankt, sagt Johner.
Hohe Preise unvereinbar mit der Gesundheitspolitik?
Tabakgegnern ist jede dieser Pflanzen ein Dorn im Auge. Sie kritisieren, mit den fixen Preisen und den fixen Abnahmemengen werde in der Schweiz künstlich die Herstellung eines gesundheitsschädlichen Produkts aufrechterhalten. Das sei widersinnig und mit den Zielen der Suchtprävention nicht vereinbar.
Tabakproduzent Johner sieht das natürlich anders: «Die Raucher erhalten mit ihrem Konsum Familienbetriebe. Zudem würde sich der Konsum nicht verändern, wenn kein Tabak mehr aus der Schweiz käme.»
Da hat Johner wohl recht. Nur vier Prozent des Tabaks, der hierzulande verarbeitet wird, kommt von Schweizer Äckern. Der Grossteil wird importiert.
Neues Gesetz ohne Folgen für Tabakproduzenten
Das neue Tabakproduktegesetz mit seinen strengeren Werbeverboten macht Johner keine Sorgen. Es sei richtig, Kinder und Jugendliche vor dem Rauchen zu schützen. Konsequenzen für die Tabakproduzenten werde das Gesetz kaum haben.
Solange noch genügend Menschen rauchen und in den Sota-Fonds einzahlen, sieht Johner seine Existenz nicht bedroht.