Um ein Prozent soll der Anteil des öffentlichen Verkehrs am Gesamtverkehr pro Jahr zunehmen. Das sagt Ueli Stückelberger, Direktor des Verbandes öffentlicher Verkehr (VöV), an der ÖV-Tagung. Das Ziel seien 40 Prozent. «Es gibt nicht die eine Massnahme, sondern es gibt ein Bündel von Massnahmen, die zum Ziel führen.»
Es gibt nicht die eine Massnahme, sondern es gibt ein Bündel von Massnahmen, die zum Ziel führen.
Eine Massnahme sei zum Beispiel ein Ruftaxi: Ein Postauto, das Personen zur gewünschten Zeit zu Hause abholt, sie zur nächsten ÖV-Haltestelle führt – und auch wieder nach Hause. Dieses Projekt wird im Kanton Appenzell Innerrhoden bereits umgesetzt. Zudem will Postauto bis in vier Jahren 100 Batterie- und Brennstoffzellbusse einsetzen. Bis 2040 soll dann die ganze Flotte fossilfrei unterwegs sein.
Bessere Verbindungen, kürzere Wartezeiten
Auch andere Anbieter haben konkrete Pläne. Beim Berner Regionalverkehr RBS sollen Busse künftig ganz nah zu den Zügen fahren können, um die Zeiten fürs Umsteigen möglichst kurzzuhalten.
Die SBB wollen in der Wintersaison und am Wochenende den Takt in die Skigebiete erhöhen, zum Beispiel auf der Strecke Zürich – Chur oder im Wallis. Und im Tessin sind seit September die Unterrichtszeiten der Hochschule Supsi in Mendriso an den Fahrplan der Regionalzüge angepasst, um die Auslastung besser zu verteilen.
«Solche Beispiele von flexibler Ergänzung zum Angebot sind sehr wichtig», sagt SBB-Chef Vincent Ducrot. Doch gerade in der Coronakrise sind die Zahlen des ÖV drastisch eingebrochen. Beim grössten ÖV-Anbieter, der SBB, beträgt das Defizit im ersten Halbjahr 2021 rund 400 Millionen Franken. Im Moment beträgt die Auslastung etwa ein Viertel weniger als vor Corona, wie die neusten Zahlen zeigen.
Die Folgen der Coronakrise würden die SBB noch lange beschäftigen, so Ducrot weiter: «Die Situation ist angespannt und wird angespannt bleiben. Aber wir müssen bereit sein.» Denn die Marktkurve gehe jede Woche nach oben. «Wir antizipieren Wachstum für die nächsten Jahre. Wir antizipieren, dass die Leute den Zug mehr nutzen werden. Nicht heute, nicht morgen, aber übermorgen.»
Und trotz Corona-Defizit und Ausbauplänen sagt Vincent Ducrot heute klar: «Wir haben klar gesagt, dass die Preise Ende Jahr nicht hochgehen. Daran halten wir uns.» Ein Versprechen an die Benutzerinnen und Benutzer des ÖV, um sie in Zukunft noch mehr in den Zug und weg vom Auto zu locken.
Pünktlichkeit, Zuverlässigkeit, Sicherheit
Diese Pläne stossen bei Verkehrsministerin Simonetta Sommaruga auf offene Ohren. Für sie aber nach wie vor das Wichtigste seien beim öffentlichen Verkehr drei Dinge: Pünktlichkeit, Zuverlässigkeit, Sicherheit. «Vielleicht muss man manchmal die grundlegendsten und banalsten Sachen wieder in Erinnerung rufen.»
Denn eine Meldung wie «Leider konnten keine Anschlüsse abgewartet werden», liessen den einen oder anderen überlegen, ob man das nächste Mal wieder den Zug nehme. «Diese drei Dinge sind banal, aber absolut zentral.» Dies nicht zu vernachlässigen und gleichzeitig neue Modelle auszubauen: Das wird in Zukunft die grosse Herausforderung für den öffentlichen Verkehr sein.