Es ist die tiefste Quote seit Jahren: Anfang Juni standen in der Schweiz nur gerade 1.15 Prozent aller Wohnungen leer. Damit ist die Leerwohnungsziffer gegenüber dem Vorjahr nochmals um elf Prozent gesunken.
Was auf dem Papier abstrakt klingt, sorgt gerade bei Menschen mit geringem Einkommen für Not. Ausdruck davon ist eine Flut an Initiativen in Schweizer Kantonen und Städten. Und zahlreiche originelle Ideen für Umnutzungen. Wir haben die spannendsten Beispiele gesammelt.
Gerade mehrere Volksbegehren sind im Kanton Zürich in der Pipeline. Eine davon: Linke Organisationen sammeln Unterschriften für ihre «Wohnschutz-Initiative». Sie will, dass Immobilieninvestoren nach Sanierungen oder Ersatzneubauten nur noch einen gewissen Gewinn machen dürfen. Die Gemeinden könnten die Mietzinse deckeln.
Der Zürcher Hauseigentümerverband wehrt sich vehement dagegen. Hausbesitzerinnen müssten so fürchten, dass sie auf ihren Sanierungskosten sitzen bleiben. Deshalb würden sie weniger Häuser renovieren.
Im Kanton Basel-Stadt hat der Mieterinnen- und Mieterverband in den letzten Jahren mit mehreren Wohnungsvorlagen an der Urne gepunktet. Nun steht mit der «Abbruchschutzinitiative» schon die nächste Forderung in den Startlöchern: Häuser abzureissen und neu zu bauen, soll nur noch in Ausnahmefällen möglich sein.
Einen anderen Weg schlagen Parteien im Kanton Bern ein: Mitte-Links hat die Initiative «Für faire Mieten und bezahlbares Wohnen» lanciert. Bei Mieterwechseln soll in Zukunft die Vormiete offengelegt werden. «Mieterinnen und Mieter werden so besser vor willkürlichen Mietzinserhöhungen geschützt», so das Initiativkomitee.
Der Kampf der Städte
In vielen Städten sorgt der knappe Wohnraum ebenfalls für Diskussionsstoff. In Thun sollen es gleich zwei Initiativen richten. Eine der Forderungen: Bis 2035 sollen Stiftungen, Vereine oder nicht gewinnorientierte Genossenschaften mindestens 15 Prozent der Wohnungen besitzen.
Schon angenommen hat eine Initiative für mehr bezahlbaren Wohnraum kürzlich die Stadt Zug. Bis 2040 soll jede fünfte Wohnung oder mehr auf dem Stadtgebiet preisgünstig sein. Wie die Zuger Stadtregierung dies umsetzen soll, klärt momentan ein unabhängiger Experte ab.
Vom Büro zur Wohnung
Andere Ideen betreffen die Umnutzung von Büros. In Basel-Stadt beispielsweise stehen seit Messbeginn 1995 noch nie so viele Büroflächen leer wie aktuell. Der Grund: Firmen wie Roche oder Bâloise haben eigene Hochhäuser gebaut. Die gemieteten Büros benötigen sie nicht mehr.
Eine solche Umnutzung kostet fast so viel wie ein Neubau.
Die Büros als Wohnungen zu nutzen, hält der Kanton Basel-Stadt zwar für sinnvoll. Doch es sei kompliziert und teuer. «Eine solche Umnutzung kostet fast so viel wie ein Neubau», sagt Regula Küng, Leiterin der Basler Wohnraumentwicklung.
Das Parlament der Stadt Zürich wiederum hat kürzlich eine Idee der Bürgerlichen versenkt. Die FDP wollte, dass überall in der Stadt Zürich ein Stock höher gebaut werden kann. Ganz Zürich wäre so um mindestens drei Meter in die Höhe gewachsen. Laut Befürwortern hätte dies zu Tausenden neuen Wohnungen geführt. Doch linke Parteien warnten, dass der Druck für Häuserabbrüche und teure Neubauten zunehmen würde.
Die Idee eines Wohnungstausches
Die Grünen wollen das Problem lösen, indem der bestehende Wohnraum effizienter genutzt wird. Sprich: grosse Wohnungen für Familien, kleine für Einzelpersonen oder Paare. Dafür sollen sie Wohnungen tauschen.
Einen solchen Wohnungstausch vonseiten Stadt zu lancieren, sei eine grosse rechtliche und praktische Herausforderung, heisst es in der Antwort des Luzerner Stadtrats. Private Initiativen, etwa eine Wohnungstauschbörse, begrüsse er jedoch.
Ob Wohnungstausch oder Umnutzungen: An Ideen mangelt es im Kampf gegen die Wohnungsnot hierzulande nicht. Ob sich die Pläne jedoch umsetzen lassen, ist eine andere Frage.