Wenn Marion Fischer am Mittwoch am Rütlischiessen ihren Filzhut montiert, sich auf die historische Wiese begibt, sich mit ihrem Gewehr auf die Steinmauer kniet und ihre 15 Schüsse auf die Zielscheibe abfeuert, dann sind viele Augen auf sie gerichtet. Der Grund: Die 20-Jährige ist jung und weiblich. Beides ist an diesem traditionsreichen Schützenfest ungewöhnlich.
Sie waren schon ein bisschen perplex, dass hier junge Frauen mitmachen.
25 Leute aus ihrer Sektion Büren-Oberdorf gehen dieses Jahr ans Rütlischiessen. Sie und eine Kollegin sind die einzigen Frauen. Sie seien auch schon von Zuschauerinnen angesprochen worden, warum sie die typischen Filzhüte der Rütli-Schützen tragen würden, erzählt Marion Fischer: «Als wir antworteten, dass wir auch schiessen, waren sie schon ein bisschen perplex.»
Volltreffer von Anfang an
Dass sie in dieser Männerdomäne schief angeschaut oder gar belächelt wird, erlebt Marion Fischer nicht. «Die meisten haben Freude, dass junge Frauen dabei sind.»
Gerade bei den historischen Schiessanlässen gebe es viele ältere Teilnehmer und der Nachwuchs fehle. «Die meisten haben deshalb auch Respekt.» Und als eine der wenigen Frauen bleibe sie im Gedächtnis, schmunzelt Marion Fischer: «Sie können meinen Namen behalten.»
Vor allem auch deswegen, weil die junge talentierte Frau bei ihrem ersten Auftritt am Rütlischiessen 2022 – mit gerade einmal 18 Jahren – ziemlich ablieferte. Obwohl sie Luftgewehr- und Kleinkaliberschützin ist, konnte sie mit dem Sturmgewehr gut umgehen. Sie holte auf Anhieb eine Auszeichnung – den begehrten Becher. Sie liess zahlreiche Männer hinter sich – auch ihren Vater und ihren Bruder, die ebenfalls als Schützen beim Rütlischiessen dabei sind.
Das Rütlischiessen ist für Marion Fischer eine ihrer Lieblingsanlässe. Sie geniesst es, Zeit mit dem Bruder und dem Vater auf der Rütliwiese zu verbringen. «Schon als ich ein kleines Mädchen war, war mein Vater beim Schiessen mein Vorbild.»
Vom Vater hat Marion Fischer die Leidenschaft zum Schiesssport geerbt. Bereits mit neun Jahren hat sie an einem ersten Kurs teilgenommen. Bei den Junioren zählt sie zu den besten Schützinnen der Schweiz. Bald steht für die 20-Jährige der Wechsel zur Elite an – mit 21 Jahren.
Spass an der Sache erhalten
Auch wenn die junge Nidwaldnerin viel Zeit in den Schiesssport investiert und es für sie weit mehr als ein Hobby ist: Die Chance auf eine Profikarriere und darauf, in ein Regionalkader aufgenommen zu werden, schlug sie aus. «Ich habe Angst, dass es dann plötzlich ein Müssen wird. Als Sportler steht man immer irgendwie unter einem gewissen Druck. Man muss und will liefern», sagt sie.
Sie will sich lieber den Spass an der Sache bewahren. Wie beim jährlichen Rütlischiessen – wo ihr das gesellschaftliche Zusammensein genauso wichtig ist wie der Wettbewerb.
Statt auf die Karte Spitzensport zu setzen, büffelt Marion Fischer deshalb auch noch für die Berufsmatura. Sie will später Tierärztin werden.