Es war bereits die dritte Debatte im Ständerat über die Frage, ob die Schweiz für zwei Jahre im fünfzehnköpfigen UNO-Sicherheitsrat Mitglied werden soll. Die SVP hatte schon vor dem Krieg in der Ukraine eine klare, ablehnende Haltung und darum per Vorstoss den Bundesrat zum Rückzug aufgefordert. Hauptargument: die Neutralität. Mit ihr sei die Schweiz gut gefahren, im UNO-Sicherheitsrat müsste die Schweiz dagegen Stellung beziehen und so die international anerkannte Vermittlerrolle aufs Spiel setzen.
Der Berner Werner Salzmann formulierte es so: «Tauschen wir nicht eine erwiesene Rolle im Dienste des Friedens gegen einen hypothetischen Platz in einem Rat ein, der durch das Vetorecht der Grossmächte und der Realpolitik der Länder wenig Platz für die Friedensförderung gibt.»
Auch sein Fraktionskollege Thomas Minder aus Schaffhausen fand, die Schweiz habe mit der Mitgliedschaft viel mehr zu verlieren, als sie gewinnen könne. «Die Schweiz macht ihr Image des guten Vermittlers, des Friedensrichters und des Inhabers von Schutzmachtmandaten mit dem Einsatz im UNO-Sicherheitsrat geradezu kaputt.»
Skeptische Stimmen aus der Mitte
Nicht nur von rechts, sondern auch aus der Mitte kam Skepsis – hier allerdings weniger grundsätzlich, sondern vor allem aufgrund der aktuellen Lage, wegen des Kriegs in der Ukraine. Die Kandidatur für den Sicherheitsrat, die die Schweiz seit den 00er-Jahren verfolgt, verglich die Urner Mitte-Vertreterin Heidi Z'graggen mit einer langen Bergtour, zu der man bei gutem Wetter aufgebrochen sei.
Wer, wenn nicht ein kleines Land wie die Schweiz hat jedes Interesse daran, dass man Weltfrieden und Weltordnung aufrecht erhält? Die Grossmächte sind eigentlich nicht darauf angewiesen. Die brauchen den Sicherheitsrat nicht.
Jetzt aber habe das Wetter kurz vor dem Gipfel halt umgeschlagen und zwinge zum Abbruch: «Die Umkehr kurz vor dem Gipfel anzutreten, ist eine hohe Kunst. Manchmal ist das schwerer als weiterzugehen. Den Nutzen der Umkehr vor Augen, wird das aber ein gutes Signal und ein guter Weg sein.»
Es waren auffallend viele Mitte Ständerätinnen und -räte aus ländlichen und Bergkantonen, die dem Bundesrat die Umkehr, also den Rückzug der Kandidatur empfohlen. Andere, wie der Solothurner Mitte-Mann Pirmin Bischof, plädierten dagegen für eine selbstbewusste, aktive Neutralität. Das sei im Landesinteresse: «Wer, wenn nicht ein kleines Land wie die Schweiz hat jedes Interesse daran, dass man Weltfrieden und Weltordnung aufrecht erhält? Die Grossmächte sind eigentlich nicht darauf angewiesen. Die brauchen den Sicherheitsrat nicht.»
Überlegen Sie sich, welchen Reputationsschaden es für unser Land bedeuten würde, nach zwölf Jahren aus dieser Übung auszusteigen.
Und von links bis zur FDP wurde betont: Die Neutralität bedeute einfach, sich nicht an kriegerischen Auseinandersetzungen zu beteiligen. Und das werde die Schweiz auch als Mitglied des UNO-Sicherheitsrats nicht tun, so der Luzerner FDP-Mann Damian Müller, Präsident der Aussenpolitischen Kommission des Ständerats: «Die UNO ist in keinem Fall Kriegspartei. Ihre Mission ist es, den Frieden herzustellen – sich also zwischen die Kriegsparteien zu stellen.»
Müllers Parteikollege, Bundesrat Ignazio Cassis, machte für den Bundesrat klar: Umkehren kurz vor dem Ziel sei keine Option. Man habe sich die Sache gut überlegt, die Schweiz müsse glaubwürdig bleiben: «Überlegen Sie sich, welchen Reputationsschaden es für unser Land bedeuten würde, nach zwölf Jahren aus dieser Übung auszusteigen.»
Eine Mehrheit von 26 Ständeratsmitgliedern war gleicher Meinung wie der Bundespräsident. Elf stimmten gegen die Mitgliedschaft im UNO-Sicherheitsrat, darunter fünf Mitte-Mitglieder. Zwei weitere Ständeräte aus der Mitte und zwei aus der FDP enthielten sich der Stimme. Die Wahl der Schweiz in den UNO-Sicherheitsrat ist für den 9. Juni vorgesehen.