Timing ist alles, lautet das Motto bei Rücktritten. Beim Verteidigungsdepartement ging genau das gründlich in die Hose: Eigentlich hätte die Führungsriege heute den geordneten Rückzug ankündigen wollen. Doch das Heft des Handelns hatten sie schon gestern verloren.
Über die Medien war nämlich geleakt, dass Armeechef Thomas Süssli und Nachrichtendienst-Direktor Christian Dussey ihre Kündigung eingereicht haben. Dies nur wenige Wochen nachdem Verteidigungsministerin Viola Amherd ihren eigenen Rücktritt verkündet hatte.
Am Vormittag hat das VBS Strafanzeige gegen Unbekannt wegen der Indiskretionen eingereicht. Am Nachmittag stellte sich Departemenschefin Viola Amherd den Medien in Bern – und der bohrenden Frage: «Was ist faul im Hause VBS?»
Ihre Antwort: «Ich verstehe die Aufregung nicht.» Sie könne nicht nachvollziehen, warum wegen der Abgänge der Topkader eine Krisensituation heraufbeschworen werde, sagte die Mitte-Bundesrätin.
Es handle sich um einen ganz normalen Vorgang, die Zeit für die Nachfolgeregelung sei gegeben. Bundesratssprecher Andrea Arcidiacono sekundierte: Heute finde keine Krisensitzung statt. «Die Botschaft des Bundesrats heisst: Kontinuität.»
Diese Vorkommnisse stärken das Vertrauen im Bundesrat nicht.
So weit, so nüchtern. Emotional wurde Amherd, als es um die medialen Leaks ging: In ihrem eigenen Departement seien die beiden Rücktritte vertraulich behandelt worden, stellte Amherd klar. «Als wir die Information auf die Plattform des Bundes hochgeladen haben, drang sie innerhalb einer Stunde nach aussen.»
Auf die Frage, ob der Bundesrat angesichts solcher Indiskretionen noch zusammenarbeiten könne, sagte Amherd: «Das hoffe ich sehr. Diese Vorkommnisse stärken das Vertrauen im Bundesrat aber sicher nicht.»
Die Indiskretionen würden zudem das Vertrauen in die Institutionen und letztlich in die Demokratie untergraben, schloss Amherd. Die klaren Worte dürften auch dem Umstand geschuldet sein, dass sie den Bundesrat in wenigen Wochen verlässt.
Verfehlung im Ruag-Skandal?
Amherd ging bei einem ihrer letzten Auftritte als VBS-Chefin in die Gegenoffensive. Gleichwohl musste sie sich in der eineinhalbstündigen Medienkonferenz zahlreiche kritische Fragen anhören – auch dazu, ob einer Whistleblower-Meldung von 2019 über Korruption bei der Ruag zu wenig Beachtung geschenkt worden sei.
Amherd erklärte, die damaligen Vorwürfe seien umgehend an die Unternehmensführung der Ruag weitergeleitet worden. Eine interne Abklärung habe ergeben, dass nichts an der Meldung des «besorgten Bürgers» dran sei. Diesen Angaben habe die VBS-Spitze Glauben geschenkt. Rückblickend könne man dies aber durchaus hinterfragen.
Armeechef sieht Ziele erreicht
Im Fokus stand auch der abtretende Armeechef Thomas Süssli. Er stellte in Abrede, dass er aufgrund der anhaltenden Negativschlagzeilen rund um das VBS seinen Hut nimmt. Er begründete seinen Abgang damit, dass er nach sechs Jahren im Amt viele seiner Ziele erreicht habe.
Es sei ihm darum gegangen, die Digitalisierung in der Armee weiter voranzutreiben und ihr ein neues Image zu verpassen. Dieser Kulturwandel sei gelungen, befand Süssli. Anders liegt der Fall bei NDB-Chef Christian Dussey: Er liess nach einer turbulenten Reorganisation und einem schwer beschädigten Arbeitsklima im NDB durchblicken, dass seine Mission von weniger Erfolg gekrönt war.