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Abgang von Süssli und Dussey VBS: So reagieren Parlamentarier und mögliche Amherd-Nachfolger

Für die einen ist im VBS «etwas faul». Die anderen überrascht es nicht. Und wie sehen es die, die es ausbaden müssen?

Mit Thomas Süssli, der Ende 2025 als Armeechef zurücktritt, und Christian Dussey, der sich 2026 von der Spitze des Nachrichtendienstes des Bundes (NDB) zurückzieht, verliert das Verteidigungsdepartement (VBS) innert kürzester Zeit einen Teil seines Spitzenpersonals. Unmittelbar vor dem Führungswechsel im Departement schlägt dies hohe Wellen.

Das sinkende Schiff wird von oben verlassen.
Autor: Balthasar Glättli Nationalrat (Grüne/ZH)

«Es ist etwas faul im Hause VBS», sagt Grünen-Nationalrat Balthasar Glättli zu den Abgängen. «Es ist systemisch, dass offenbar von oben das sinkende Schiff verlassen wird. Zunächst war es die Kapitänin, jetzt sind es die ersten Offiziere.»

Parteikollege Gerhard Andrey äussert sich weniger drastisch: Mit dem Rücktritt von Verteidigungsministerin Viola Amherd Anfang Jahr habe sich «für die beiden Herren» wohl der Moment ergeben, zurückzutreten. Laut Andrey ist es auch eine Chance.

In der Vergangenheit kamen sehr viele unschöne Dinge der Armee an die Öffentlichkeit.
Autor: Mauro Tuena Nationalrat (SVP/ZH)

Als absehbar bezeichnet Mauro Tuena (SVP/ZH) die Rücktritte. Süssli und Dussey zögen die Konsequenzen der letzten Wochen, Monate und Jahre. Denn: «In der Vergangenheit kamen sehr viele unschöne Dinge der Armee an die Öffentlichkeit», so Tuena. «Auch beim Nachrichtendienst rumort es intern.» Es sei der richtige Zeitpunkt für einen Neuanfang. «Dass sie jetzt den Hut ziehen, das ist für mich nicht überraschend.»

Armeechef sorgte wiederholt für Polemiken

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Armeechef Thomas Süssli ist seit 2020 im Amt. Mehrere Polemiken haben seine Amtszeit überschattet.

Ende 2024 war es die Finanzdelegation des Parlaments, die Alarm schlug. Ihrer Meinung nach bestand bei sieben grossen Rüstungs- und Informatikprojekten, die auf 19 Milliarden Franken geschätzt werden, ein massives Risiko von Verzögerungen. Die Eidgenössische Finanzkontrolle wiederum wies kürzlich auf eine «unbefriedigende» Handhabung der Bestellung israelischer Drohnen durch die Armee hin, deren Lieferung sich um Jahre verzögern.

Auch die finanzielle Situation der Armee sorgte im vergangenen Jahr, dem Präsidialjahr von Amherd, mehrfach für Schlagzeilen. Süssli sprach zunächst von einem Liquiditätsengpass der Armee, bevor ihm seine politische Chefin widersprach. Der Armeechef hatte zudem mehrmals in den Medien mehr Geld für die Armee sowie öffentlich eine Aufstockung des Armeebestandes gefordert.

Der Armeechef räumte auch ein, dass sich die Armee verstärkt der Bekämpfung von Diskriminierung und sexualisierter Gewalt annehmen muss. Er äusserte sich erschrocken über die Ergebnisse einer entsprechenden Studie, räumte aber gleichzeitig ein, dass das Phänomen nicht neu sei.

Unverhofft kommen die Rücktritte allen voran für Markus Ritter und Martin Pfister – die beiden Kandidaten für die Nachfolge von Bundesrätin Viola Amherd.

... und das sagen die, die es ausbaden müssen

Einer von ihnen wird in nur zwei Wochen die Führung im VBS übernehmen. Neben den verzögerten Beschaffungsgeschäften und den aufgetauchten vermuteten Delikten beim bundeseigenen Rüstungsunternehmen Ruag wird der neue Bundesrat dann auch gleich mit wichtigen Personalfragen konfrontiert sein.

Schade ist, dass man nicht zuerst die strategischen Aufgaben lösen kann.
Autor: Markus Ritter Bundesratskandidat (Mitte)

Bauernverbandspräsident und Nationalrat Markus Ritter (Mitte/SG) ist zunächst «sehr enttäuscht, dass die Rücktritte vom Chef der Armee und vom Chef des Nachrichtendiensts in den Medien waren, bevor der Bundesrat darüber hat diskutieren können.» Und er findet es schade, «dass man nicht zuerst die strategischen Aufgaben lösen kann und erst danach die personellen.»

Gegenüber SRF sagt er: «Die Situation ist nun so, dass viele verschiedene Aufgaben parallel erledigt werden müssen vom neuen VBS-Chef.» Er traue sich diese Aufgabe aber zu und habe schon Vorstellungen, was die Süssli-Nachfolge als neuer Armeechef mitbringen muss: Führungsstärke, gute Kommunikationsfähigkeiten gegen innen und aussen und die Fähigkeit zu begeistern.

Es gilt, Prioritäten neu zu setzen.
Autor: Martin Pfister Bundesratskandidat (Mitte)

Ritters Gegenspieler, der Zuger Regierungsrat Martin Pfister, sagt SRF: «Es liegt mir fern – derzeit im Wahlkampf um einen Sitz in der Landesregierung – diese jüngsten Entwicklungen und allfällige Hintergründe zu kommentieren.»

Aber es stehe für ihn ausser Frage, «dass im VBS grosse und komplexe Aufgaben warten. Es gilt, strukturelle und personelle Probleme zu lösen, Prioritäten neu zu setzen und Mittel haushälterisch einzusetzen.» Dies zeigen laut Pfister auch die drei Berichte der eidgenössischen Finanzkontrolle EFK.

EFK-Berichte benennen Missmanagements bei der Ruag MRO

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In drei am Montagabend veröffentlichten Berichten hat die Eidgenössische Finanzkontrolle (EFK) die Verwaltung und Steuerung der Ruag MRO harsch kritisiert. Es geht unter anderem um mögliche Betrugsfälle innerhalb des bundeseigenen Rüstungskonzerns – im zweistelligen Millionenbereich. Diese stehen laut Bericht insbesondere im Zusammenhang mit den Leopard-Panzern und der Lagerbewirtschaftung.

Seit der Trennung der Ruag in einen Schweizer Teil mit der Ruag MRO und einen internationalen Teil mit der Ruag International im Jahr 2020 haben sich fünf CEOs an der Spitze der Ruag MRO abgewechselt. Diese zahlreichen Wechsel hätten den Aufbau von stabilen Managementprozessen und einer konzisen Steuerung behindert, so die EFK.

Aufgrund der fehlenden Kontinuität habe kein Vertrauensverhältnis zum Verwaltungsrat aufgebaut werden können. Ein Schwachpunkt, den auch die Ruag MRO einräumt.

«Diesen Aufgaben werde ich mich mit aller Kraft widmen, wenn ich in den Bundesrat gewählt werde», sagt Pfister überzeugt.

Bevor es so weit kommen könnte, muss sich Viola Amherd und der Restbundesrat nun zunächst fragen, ob die Indiskretion, durch die die Rücktritte bekannt wurden, eine strafrechtliche Verfolgung nach sich ziehen soll.

Tagesgespräch, 25.2.2025, 11:30 Uhr ; 

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