Bei Atokalpa in der jurassischen Gemeinde Alle dreht sich alles um winzige Teile. Rund 160 Arbeiterinnen und Arbeiter fertigen hier Anker, Unruhen, Hemmungen und winzige Zahnräder für exklusive Schweizer Uhrwerke.
Die Achterbahn der Uhrenbranche
«Nach der Pandemie ist unser Umsatz innert zwei Jahren um 40 Prozent gewachsen. Letztes Jahr ist er um ein Viertel eingebrochen», sagt Sébastien Jeanneret, der Generaldirektor von Atokalpa. Verantwortlich für den Niedergang ist die schwankende Nachfrage in China.
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Bild 1 von 3. 160 Angestellte produzieren bei Atokalpa Teilchen für mechanische Uhrwerke. Bildquelle: SRF/Roman Fillinger.
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Bild 2 von 3. Aus solchen Vorlagen werden bei Atokalpa Zahnräder gestanzt. Bildquelle: SRF/Roman Fillinger.
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Bild 3 von 3. Fast jedes Teilchen, das Atokalpa herstellt, ist eine Massanfertigung. Bildquelle: SRF/Roman Fillinger.
«Wir haben schon 2022 und 2023 die Alarmglocken geläutet und unsere Kunden gewarnt, dass der Markt überhitzt sei und es sinnvoll wäre, die Produktion nicht zu stark auszubauen.» Doch viele Uhrenmarken wollten davon nichts wissen.
Die Krise hat einen grossen Einfluss auf die Uhrenhersteller und ihre Zulieferer, aber auch auf andere Industrien, den Maschinenbau zum Beispiel.
Weil Atokalpa seine Kunden nicht verlieren wollte, stellte Sébastien Jeanneret zusätzliche Arbeitskräfte ein und kaufte neue Maschinen. «Nun ist unser Betrieb nicht ausgelastet und wir mussten uns von fast allen Angestellten, die keinen festen Vertrag hatten, trennen.» Dauert die Krise länger, müsste Atokalpa Kurzarbeit einführen und letztendlich Festangestellte entlassen.
Die höchste Arbeitslosenrate der Schweiz
Ein paar Jurafaltungen weiter, im Kantonshauptort Delsberg, beugt sich Claude-Henri Schaller, der Leiter des Amts für Wirtschaft und Arbeit, über Statistiken: Fünf Prozent betrug die Arbeitslosigkeit im Kanton Jura im Januar, die höchste Arbeitslosenrate der Schweiz.
Eine direkte Folge der jüngsten Uhrenkrise, sagt Schaller. «Die Krise hat einen grossen Einfluss auf die Uhrenhersteller und ihre Zulieferer, aber auch auf andere Industrien, den Maschinenbau zum Beispiel.»
Mehr als jede zehnte Arbeitsstelle im Kanton Jura ist mit dem schwankenden Uhrensektor verknüpft. Diese Abhängigkeit sei unschön, aber nichts Neues für den Kanton Jura, sagt der Chef des kantonalen Amts für Wirtschaft und Arbeit. «Diese Zyklen prägen die Industrie und im Jura haben wir gelernt, mit ihnen zu leben.»
Bald soll es aufwärtsgehen
Das Auf und Ab in der Uhrenbranche hat auch das Arbeitsleben von Philippe Peverelli geprägt. Jahrzehntelang war er Manager in der Uhrenbranche, heute ist er Verwaltungsrat unter anderem bei Atokalpa. Er sagt: «Das Geschäft mit den Uhren ist ein Marathon. Und nun befinden wir uns auf einer schwierigen Strecke, auf der wir durchhalten müssen.»
Ob man mit dem Verwaltungsrat, dem Kantonsvertreter, dem Unternehmensführer oder auch mit einem Gewerkschafter spricht, alle sind sich einig: Bald geht es wieder aufwärts in der Uhrenbranche.
«Monopol des Herzens am Handgelenk»
Woher nehmen sie alle diese Zuversicht? Verwaltungsrat Peverelli argumentiert mit Emotionen: «Die Schweiz hat bei den mechanischen Uhren ein Monopol des Herzens am Handgelenk.
Das heisst, wer immer sich irgendwo auf der Welt eine solche Uhr kauft, wird mit hoher Wahrscheinlichkeit mit einer Uhr Made in Switzerland aus dem Laden gehen.» Vielleicht künftig weniger oft in China, dafür in den USA oder in Südamerika.