Am Montag traf sich Eishockey-Boss René Fasel mit dem belarussischen Machthaber Alexander Lukaschenko in Minsk. Thema war die geplante und umstrittene Eishockey-Weltmeisterschaft in Belarus im Frühsommer. Thema am Dienstag war jedoch etwas anderes: Die Bilder des Treffens sorgten für Befremden und rote Köpfe über die Sportwelt hinaus.
Eine brüderliche Umarmung mit einem Diktator, ein herzliches Miteinander: Spätestens seit seiner umstrittenen Wiederwahl letzten Sommer wächst der Druck gegen Lukaschenko. Die Opposition wird brutal niedergeschlagen, Zehntausende Demonstranten wurden verhaftet. Um die Lage der Menschenrechte steht es schlecht. Im Gespräch nimmt der Eishockeyfunktionär Stellung zur Kritik.
SRF News: War das kein Fehler, einen Autokraten zu umarmen?
René Fasel: Es ist so, ein Bild sagt mehr als tausend Worte. Ziel der Reise war es, mit Lukaschenko ein wichtiges Gespräch über die WM in Minsk zu führen. Ich habe seit 20 Jahren gute Beziehungen zu Lukaschenko – wir spielten früher zusammen Hockey, hatten viel Kontakt, auch 2014 (Anm. d. Red.: damals fand die erste Eishockey-WM in Belarus statt). Die IIHF wollte die Gelegenheit nutzen, um mit Lukaschenko ein offenes Gespräch zu führen.
Unsere WM sollte eine Art Versöhnung zwischen der Opposition und der Regierung sein.
Es tut mir leid, wenn das zur Interpretation führt, ich würde die Vorgänge und die Repression in Belarus akzeptieren. Aber ich wollte diese spezielle Beziehung zu Lukaschenko nutzen, um etwas Gutes zu tun. Damit die WM zu einer Art Versöhnung zwischen Regierung und Opposition führt. Es ist etwas blöd gelaufen, das ist mir auch peinlich.
Aber was für ein Signal sendet Ihre Umarmung mit Lukaschenko aus?
Wir haben einen Vertrag mit dem weissrussischen Eishockey-Verband. Unsere Pflicht ist es, die Eishockey-WM durchzuführen. Es gäbe auch Folgen, wenn man diese jetzt nicht abhält. Also haben wir uns gesagt: Weshalb nicht versuchen, Präsident Lukaschenko zu überzeugen, dass er mit der WM auch ein Signal senden kann? Nämlich, dass er mit der Opposition den Dialog sucht.
Ich muss zugeben: Ich habe in Minsk etwas mit dem Feuer gespielt. Und wir haben uns etwas verbrannt.
Stellen Sie sich vor, wir sagen die WM in Weissrussland jetzt ab: Wird das etwas an der Situation im Land ändern? Sicher nicht. Lukaschenko selbst hat gesagt, dass er die Verfassung ändern wolle, dass er bereit sei, Neuwahlen durchzuführen. Und wir diskutieren mit ihm und versuchen, etwas Gutes zu machen. Ich muss zugeben: Ich habe in Minsk etwas mit dem Feuer gespielt. Und wir haben uns etwas verbrannt. Und jetzt wird es sehr schwierig, diese Meinung zu ändern.
Fühlen Sie sich nicht instrumentalisiert?
Nein, sicher nicht. Der erste Kontakt war sehr freundlich. Als wir dann die Probleme auf den Tisch legten, wurde es sehr emotional. Mit solchen Leuten kann man normalerweise nur sehr schwer sprechen. Durch die besondere Beziehung, die ich mit Lukaschenko habe, konnten wir das auf den Punkt bringen. Aber auf den sozialen Medien macht man sich sehr schnell eine Meinung davon, was man sieht. Das ging in eine schlechte Richtung. Und das tut mir weh und furchtbar leid.
Aber haben Sie Verständnis für die Kritik aus der Politik?
Ich bin überzeugt, dass ich nichts Falsches gemacht habe. Mit dieser WM können wir etwas erreichen, was sonst nicht gelungen ist. Wer hat in Belarus schon etwas erreicht mit Sanktionen und Boykott? Niemand. Ich bin ein Idealist des Sports, er ist dafür da, dass Menschen zusammenkommen. Er hat diese Macht. Man muss den Dialog suchen. Wie es jetzt gekommen ist, das ist mir peinlich, und da nehme ich auch die Verantwortung wahr.
Das Gespräch führte Claudio Spescha.