Zum Inhalt springen
Video
Fasel trifft Lukaschenko
Aus Sportflash vom 11.01.2021.
abspielen. Laufzeit 37 Sekunden.

Eishockeypräsident in Minsk Matthias Aebischer: «Dies sind beschämende Bilder»

Es sind befremdliche Bilder: Der belarussische Präsident Alexander Lukaschenko empfängt in Minsk den Präsidenten des Eishockeyweltverbands, den Schweizer René Fasel. Sie umarmen sich herzlich – ohne Maske. Dabei ist Lukaschenko ein Diktator, der die Proteste gegen ihn mit aller Härte bekämpft. Laut SP-Nationalrat Matthias Aebischer zeigt dies ein Dilemma auf.

Matthias Aebischer

Nationalrat SP/BE

Personen-Box aufklappen Personen-Box zuklappen

Aebischer ist seit 2011 für die Sozialdemokratische Partei im Nationalrat. Er ist ausgebildeter Lehrer und hat früher für SRF gearbeitet. Er ist Mitglied der Parlamentarischen Gruppe Sport.

SRF News: Was haben die Bilder aus Minsk bei Ihnen ausgelöst?

Matthias Aebischer: Als Sportfan und Politsportvertreter muss ich sagen, dass dies beschämende Bilder sind. Und ich glaube auch, dass sie das Dilemma der internationalen Sportverbände bestens aufzeigen. Aber fast noch entscheidender ist, was Fasel Lukaschenko dabei mitteilt: Wenn er ihm nämlich sagt, dass die Eishockey-WM nicht in Minsk stattfindet, dann ist die Wirkung, die das Bild erzeugt, sekundär. Denn die WM darf auf keinen Fall in Belarus stattfinden. Man darf diesem Despoten keine Plattform bieten.

Opposition in Belarus enttäuscht von Fasel

Box aufklappen Box zuklappen
Legende: Keystone/sda

«Es kann doch kein sportliches Fest wenige Kilometer entfernt von den Zellen stattfinden, in denen politische Häftlinge festgehalten werden.» Das schreibt die belarussische Oppositionsführerin Swetlana Tichanowskaja in den Sozialen Medien. Die Opposition in Belarus sei enttäuscht, sagt SRF-Russland-Korrespondentin Luzia Tschirky. Der Besuch von René Fasel schade dem Ansehen des Internationalen Eishockeyverbandes.

Alexander Lukaschenko beabsichtige wohl, seinen Macht- und Sicherheitsapparat mit Tickets für die WM zu belohnen, so Tschirky weiter. Denn in Belarus ist Eishockey quasi eine Art Nationalsport. «Doch so beliebt wie Eishockey ist; eine Mehrheit der Bevölkerung bekommt er damit nicht wieder auf seine Seite», sagt die Korrespondentin.

Ist das einfach eine Hoffnung, die Sie haben? Oder haben Sie Hinweise, dass René Fasel die WM tatsächlich nicht nach Belarus vergeben wird?

Ich kenne René Fasel schon lange. Und ich bin überzeugt, er hat die Zeichen der Zeit erkannt. Ende Monat will er darüber informieren, wie es weitergehen soll mit der Eishockey-WM 2021. Ich bin sicher, dass er das Richtige macht.

Audio
«Das ist für mich ein Bild, das ich nicht akzeptieren kann»
aus SRF 4 News aktuell vom 12.01.2021. Bild: Keystone
abspielen. Laufzeit 9 Minuten 5 Sekunden.

Selbst wenn die WM nicht in Belarus stattfindet, wieso kam es überhaupt zu diesem öffentlichkeitswirksamen Treffen?

Der Sport sollte nicht politisiert werden. Doch das macht Alexander Lukaschenko perfekt. Er hat gewusst: Irgendwann einmal muss der Präsident des Internationalen Eishockeyverbandes nach Belarus kommen, auch wenn er die Eishockey-WM absagen will. Und dann werden alle Kameras laufen, wenn ich ihn begrüsse. Ich werde ihn umarmen und ich werde zeigen, dass ich in der internationalen Gemeinschaft bestens eingebettet bin.

Der Sport sollte nicht politisiert werden.

Das funktioniert – und es ist eine Katastrophe. Denn in Belarus findet gerade eine Revolution statt. Man kann Lukaschenko unmöglich gleichzeitig den Rücken stärken.

Was können Sie als Präsident der parlamentarischen Gruppe Sport tun, um den Druck zu erhöhen, damit die WM nicht in Belarus stattfindet?

Die Politik kann in dieser Phase – wir sind fünf Monate vor dieser möglichen WM in Belarus – primär den Druck massiv erhöhen. Wir haben den internationalen Eishockeyverband öffentlich aufgefordert, die WM nicht dort durchzuführen. Auch der EU-Abgeordnete hat Fasel einen Brief geschrieben – mit demselben Inhalt. Das Internationale Olympische Komitee hat Lukaschenko aus dem IOK ausgeschlossen. Und man darf auch nicht vergessen, dass die EU und die Schweiz Sanktionen ergriffen haben und zum Beispiel eine Einreisesperre gegen Lukaschenko verhängt haben.

Wie zuversichtlich sind Sie, dass die WM nicht in Belarus stattfindet?

Ich gehe davon aus, dass René Fasel deshalb nach Minsk gereist ist. Er wird noch einige Tage dort bleiben, um Alexander Lukaschenko zu erklären, dass die Eishockey-WM von Ende Mai bis Anfang Juni nicht in Belarus stattfindet. Sie findet ja auch im lettischen Riga statt. Der internationale Verband muss jetzt eine zweite Austragungsstadt suchen.

Am Schluss wäre es ein Diktator, der unseren Eishockeyspielern die Goldmedaille überstreifen würde.

Was ich auch noch sagen möchte: Die Schweiz gehört zu den Top-Favoriten bei dieser Eishockey-WM und ich stelle mir vor: Wenn nun die Schweiz zum ersten Mal Weltmeister wird – und das liegt drin! –, dann wäre es am Schluss ein Diktator, der unseren Eishockeyspielern die Goldmedaille überstreifen würde. Und das ist für mich ein Bild, das ich nicht akzeptieren kann.

Das Gespräch führte Roger Aebli.

SRF 4 News, 12.01.2021, 06:25 Uhr ; 

Jederzeit top informiert!
Erhalten Sie alle News-Highlights direkt per Browser-Push und bleiben Sie immer auf dem Laufenden.
Schliessen

Jederzeit top informiert!

Erhalten Sie alle News-Highlights direkt per Browser-Push und bleiben Sie immer auf dem Laufenden. Mehr

Push-Benachrichtigungen sind kurze Hinweise auf Ihrem Bildschirm mit den wichtigsten Nachrichten - unabhängig davon, ob srf.ch gerade geöffnet ist oder nicht. Klicken Sie auf einen der Hinweise, so gelangen Sie zum entsprechenden Artikel. Sie können diese Mitteilungen jederzeit wieder deaktivieren. Weniger

Sie haben diesen Hinweis zur Aktivierung von Browser-Push-Mitteilungen bereits mehrfach ausgeblendet. Wollen Sie diesen Hinweis permanent ausblenden oder in einigen Wochen nochmals daran erinnert werden?

Meistgelesene Artikel