Sind Fahrer des amerikanischen Taxidienstes Uber Angestellte oder nicht? Oder anders gefragt: Hat Uber sich als Arbeitgeber an das Arbeitsgesetz zu halten? Diese Frage treibt nun schon seit Jahren mehrere Gerichte in der Schweiz um – diverse Verfahren sind hängig. Nun gibt es zum ersten Mal auch ein rechtskräftiges Urteil, das sich zu dieser Frage äussert.
Urteil: Uber macht Fahrer von sich abhängig
Das Urteil stammt vom April 2020. Darin gab das Waadtländer Kantonsgericht einem ehemaligen Fahrer des mittlerweile eingestellten Dienstes Uberpop Recht. Der Mann aus Lausanne hatte gegen Uber geklagt, weil ihm das Unternehmen den Zugang zur App ohne Begründung gesperrt hatte. Er war folglich von einem Tag auf den anderen arbeitslos ohne Absicherung.
Dies ist ein riesiger Meilenstein.
Die Richter des Waadtländer Kantonsgerichts begründeten ihren Entscheid damit, dass Uber aufgrund der Struktur seiner Plattform den Fahrer in betrieblicher, persönlicher und wirtschaftlicher Hinsicht von Uber abhängig macht und dieser somit als Angestellter der Plattform zu betrachten ist. Nun ist das Urteil rechtskräftig: Uber verzichtet auf einen Weiterzug. Das Unternehmen bestätigt gegenüber dem SRF-Konsumentenmagazin «Espresso» entsprechende Angaben der Gewerkschaft Unia.
Unia sieht Kantone in der Pflicht
Die Gewerkschaft Unia wertet es als «Meilenstein», dass Uber dieses Urteil nicht weiter zieht. Das Unternehmen anerkenne damit, dass es sich bei den Fahrern von Uber um Angestellte handle. Nun seien die Kantone in der Pflicht, sagt Roman Künzler, der bei der Unia für die Bereiche Transport und Logistik zuständig ist: «Diese müssen Uber nun als Arbeitgeber qualifizieren und entsprechend dem Arbeitsgesetz unterstellen.»
Das Urteil hat keine direkten Auswirkungen auf unsere heutige Tätigkeit in der Schweiz.
Uber widerspricht auf Anfrage des SRF-Konsumentenmagazins «Espresso»: Dieses Urteil habe «keine direkten Auswirkungen auf unsere heutige Tätigkeit in der Schweiz». Es könne somit «weder generalisiert noch auf andere Fahrer angewendet werden».
Arbeitsrechts-Experte sieht kaum Signalwirkung
Roger Rudolph, Professor für Arbeitsrecht an der Universität Zürich, sagt, es handle sich sicher um ein wichtiges Urteil: «Von einem Meilenstein würde ich aber nicht reden, denn das Urteil gilt nur zwischen diesen beiden Parteien. Wie es sich in anderen Fällen verhält, ist noch offen.» Heisst: Es kann noch nicht die Rede davon sein, dass mit diesem Urteil alle Uber-Fahrer als Angestellte gelten.
Kantone wollen Situation analysieren
Die Kantone, in denen Uber aktiv ist, reagieren in einer ersten Anfrage zögerlich. Aus Basel heisst es, man werde «die Ausgangslage von den zuständigen Amtsstellen prüfen lassen und dann entscheiden, ob und wenn ja was vorzukehren beziehungsweise anzupassen ist». Luzern teilt mit, man nehme die Forderung der Unia zur Kenntnis: «Da dieses Urteil aber in erster Linie den Kanton Waadt betrifft, müssen wir zuerst analysieren, ob es Auswirkungen auf den Kanton Luzern hat, und falls ja, welche.»
Und Zug schreibt, man verfolge die Rechtsprechung interessiert. Im Zuger Kantonsrat ist aktuell ein Vorstoss hängig zum Uber-Essenslieferdienst Uber Eats – auch dort geht es um die Frage der «Scheinselbständigkeit». Man wolle deshalb die Antwort der Regierung abwarten.