Am 23. Juni 1974 entschied sich die Stimmbevölkerung des Berner Juras im sogenannten ersten Plebiszit, die Gründung eines eigenständigen Kantons in Angriff zu nehmen.
An diesem Sonntag jährt sich dieser für den Jura denkwürdige Tag zum 50. Mal. Das ist für die Jurassierinnen und Jurassier ein Grund zum Feiern – und zum Zurückschauen.
Roland Béguelin – eine starke Figur mit unerfülltem Lebenstraum
Geehrt werden auch die Vorkämpfer für einen eigenständigen Kanton Jura, wie zum Beispiel Roland Béguelin. Er war von 1953 bis 1991 Generalsekretär der Separatistenbewegung, dem Rassemblement jurassien.
Der gewiefte Rhetoriker trieb die Abspaltung des Juras vom Kanton Bern mit aller Vehemenz voran. Doch er erreichte sein grosses Lebensziel nur halb. Lediglich die drei Bezirke im nördlichen Teil des Juras schlossen sich dem neu gegründeten Kanton an. Der Südjura entschied sich für den Verbleib beim Kanton Bern.
Für Roland Béguelin war das höchstens ein Etappenziel. Er verzichtete gar auf ein Regierungsamt im neu gegründeten Kanton, um die Vereinigung des gesamten Juras als Aktivist mit aller Kraft weiter vorantreiben zu können. Das führte zu einem Konflikt zwischen dem militanten Rassemblement jurassien und der jurassischen Regierung. Diese setzte für ihren Kanton andere Prioritäten und wollte diesen Kampf nicht mehr mit den Mitteln dieser Bewegung führen.
Regierung und Separatisten mit unterschiedlichen Prioritäten
Diese Differenz zwischen den Separatisten und der Position der jurassischen Regierung besteht bis heute. Pierre-André Comte ist der politische Ziehsohn des einstigen Separatistenführers Roland Béguelin und Generalsekretär des Mouvement autonomiste jurassien – der Nachfolgeorganisation des Rassemblement jurassien. Comte träumt heute noch von einer Vereinigung des gesamten Juras, einschliesslich des Berner Juras zu einem einzigen Kanton.
Doch die politischen Realitäten stehen diesem Traum im Wege. Die jurassische Regierung unterzeichnete 2012 zusammen mit dem Kanton Bern und dem Bund ein Konkordat. Dieses Konkordat sah eine allerletzte Abstimmung über die Zugehörigkeit des Berner Juras vor. Diese führte 2013 seitens der Separatisten zu einer grossen Ernüchterung: Mit über 70 Prozent Nein-Stimmen lehnte die Stimmbevölkerung des Berner Juras einen Wechsel zum Kanton Jura deutlich ab.
Jurafrage institutionell abgeschlossen
Weil sich die jurassische Regierung mit der Unterzeichnung des Konkordates dazu verpflichtete, den Jurakonflikt auf institutioneller Ebene zu beenden, kann und will sie jetzt auch keine weiteren Schritte zu einer Wiedervereinigung des gesamten Juras unternehmen.
Ein Erfolgserlebnis durften die Separatisten immerhin in Moutier verbuchen. Die Stadt entschied sich 2021 für einen Wechsel zum Kanton Jura. Diese Abstimmung war möglich, weil das Konkordat vorsah, dass die Gemeinden, die sich in der Gesamtabstimmung 2013 für einen Wechsel aussprachen, einzeln über ihre Kantonszugehörigkeit entscheiden können.