Der Ermittler, nennen wir ihn Viktor K., hat 20 Jahre bei der Bundeskriminalpolizei gearbeitet, Spezialgebiet Russland. Der 59-Jährige spricht fliessend Russisch und kennt die Geschichte und Kultur des Landes bestens. Wegen seines Fachwissens ermittelte er immer wieder im Auftrag der Bundesanwaltschaft in Russland, in Fällen, die die Schweiz betreffen.
Meist ging es um Rechtshilfe in komplexen Geldwäscherei- oder Korruptionsgeschichten. Im Laufe der Ermittlungen in Russland übernachtete K. mehrmals in russischen Jagdresorts. Einmal nahm er an einer Bärenjagd in Ostrussland teil. Bezahlt wurden diese Reisen jeweils von russischen Oligarchen oder den russischen Behörden. Weil er die Reisen nicht selber bezahlte, klagte ihn die Bundesanwaltschaft wegen Vorteilsannahme an.
Langjährige Zusammenarbeit
Vor dem Bundesstrafgericht in Bellinzona musste heute neben Viktor K. auch Bundesanwalt Michael Lauber als Zeuge antraben. Das Gericht wollte klären, welche Rolle die Bundesanwaltschaft in diesem Fall spielte. Lauber arbeitete über Jahre immer wieder mit Viktor K. zusammen und nutzte dessen Dienste als Übersetzer und Berater. Am Gericht in Bellinzona wies Lauber jedoch jede Mitverantwortung der Bundesanwaltschaft für den Fall zurück.
Viktor K. seinerseits beteuerte seine Unschuld und sagte, er habe von den Reisen nie persönlich profitiert, sondern sich jeweils mit Vertretern der russischen Staatsanwaltschaft getroffen, um Ermittlungen voranzutreiben.
Heikle Nähe der Ermittler
Speziell am Fall ist, dass die Bundesanwaltschaft die Strafuntersuchung selber durchführte, obwohl Viktor K., offiziell angestellt bei der Bundeskriminalpolizei, über Jahre im Auftrag der Bundesanwaltschaft arbeitete. Wegen dieser Nähe der Ermittler hatte der Beschuldigte vergeblich gefordert, ein externer Staatsanwalt solle das Verfahren führen.
Viktor K., der in vielen heiklen Fällen ermittelte, ist selber zum Fall geworden. Das Urteil wird am kommenden Dienstag erwartet.