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UNO-Menschenrechtsrat Viel Anerkennung für die Schweiz – und harte Arbeit

Jürg Lauber kennt die UNO in- und auswendig. Und bei der UNO kennt man ihn. Bereits zum zweiten Mal vertritt er die Schweiz am Genfer UNO-Sitz, dazwischen war er Botschafter im Hauptquartier der Vereinten Nationen in New York. Er leitete zudem die Verhandlungen für den – hierzulande ungeliebten – UNO-Migrationspakt. Es ist daher folgerichtig, dass der 61-jährige Zuger soeben als erster Schweizer zum Vorsitzenden des UNO-Menschenrechtsrates gewählt wurde.

Ab Anfang kommenden Jahres sitzt die Schweiz zudem selber wieder, zum vierten Mal, als eines von 47 Mitgliedern im Menschenrechtsrat. Sie will sich dafür einsetzen, dass Menschenrechtspolitik in der UNO nicht nur in den zuständigen Gremien gemacht wird, sondern überall in der Weltorganisation. Da ist noch viel zu tun.

Menschenrechtsrat besteht nicht nur aus Musterschülern

Und der Menschenrechtsrat selber steht in der Kritik. Gleich von mehreren Seiten. Menschenrechtsorganisationen hatten sich weitaus mehr erhofft, als der Rat 2006 geschaffen wurde. Umgekehrt halten autoritäre Regierungen – und von denen gibt es immer mehr – das UNO-Organ für übergriffig.

Gemäss Statuten dürften Staaten, wo die Grundrechte systematisch missachtet werden, gar nicht dem Menschenrecht angehören. Die Wirklichkeit ist eine andere. Rund ein Drittel der Mitglieder sind alles andere als lupenreine Rechtsstaaten, darunter so krasse Fälle wie China, Eritrea oder der Sudan. Doch alle wissen: Bestünde der Menschenrechtsrat nur aus Musterschülern, wäre er ein ziemlich kleiner Klub. Was wiederum hiesse, dass die übrigen Länder sich gleich völlig um das Gremium foutieren würden.

Obschon der Menschenrechtsrat den hohen, wohl angesichts der Weltlage zu hohen Erwartungen nicht genügt, ist er keineswegs überflüssig. Seine Recherchen, Untersuchungsberichte und Debatten sorgen immerhin dafür, dass Unrechtsregime nicht unbeobachtet tun können, was sie wollen. Und dass sie regelmässig in Genf Rechenschaft ablegen müssen. Und gerade weil in Konflikten und in Diktaturen Fakten und Fiktion oft schwer auseinanderzuhalten sind – auch für die Medien – setzen die Berichte des Menschenrechtsrats Massstäbe.

Die nächste Zeit wird schwierig

Bereits in wenigen Wochen wartet die nächste Herausforderung: Unter Donald Trump dürften sich die USA wie schon in dessen erster Amtszeit vom Menschenrechtsrat distanzieren. Was sich auswirkt auf die Kräfteverhältnisse im Rat. Hinterlassen die USA eine Lücke, wird sie sogleich gefüllt. Mehr Gewicht erhält dann nicht zuletzt China. Es will in der UNO seine Sichtweise von Menschenrechten durchsetzen, die nicht auf der Freiheit von Bürgern gegenüber dem Staat basiert, sondern eher auf sozialen Rechten.

Sicher ist: Die nächste Zeit wird schwierig. Krisen werden häufig sein, Fortschritte bescheiden bleiben. Wenn die Schweiz also nun wieder Mitglied ist und ihr Botschafter gar den Vorsitz übernimmt, bedeutet das zwar auch Ruhm und Ehre. Vor allem aber harte Arbeit. Wenn die Umstände garstig sind für die Menschenrechte, müssen sich jene, die dazu stehen, erst recht engagieren. Die Schweiz trägt da eine besondere Verantwortung, hat sie doch die Menschenwürde und den Einsatz für die Menschenrechte sogar in der Bundesverfassung verankert.

Fredy Gsteiger

Diplomatischer Korrespondent

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Fredy Gsteiger ist diplomatischer Korrespondent und stellvertretender Chefredaktor bei Radio SRF. Vor seiner Radiotätigkeit war er Auslandredaktor beim «St. Galler Tagblatt», Nahost-Redaktor und Paris-Korrespondent der «Zeit» sowie Chefredaktor der «Weltwoche».

Hier finden Sie weitere Artikel von Fredy Gsteiger und Informationen zu seiner Person.

SRF 4 News, 9.12.2024, 17 Uhr

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