Die protestierenden Bäuerinnen und Bauern haben einen ersten Erfolg vorzuweisen: Am Freitag beschloss die Branchenorganisation Milch eine Erhöhung des Richtpreises um 3 Rappen pro Kilogramm Milch ab Juli. Bauernverbandspräsident Markus Ritter führt das direkt auf die Proteste zurück: «Ich glaube, dass das wesentlich zum Entscheid beigetragen hat», sagt Ritter in der «Samstagsrundschau» von Radio SRF.
Den Bauern sitzen Verhandlungsprofis gegenüber. (...) Da gibt es ein Ungleichgewicht.
Die bäuerlichen Aktivisten setzen aber auch den Bauernverband selbst unter Druck, mehr für höhere Preise zu tun. Fünf bis zehn Prozent mehr sollen Grossverteiler wie Migros, Coop, Aldi oder Lidl den Bauern künftig für ihre Produkte wie Milch, Fleisch, Gemüse und Getreide zahlen, so die Forderung. Markus Ritter gesteht Mängel bei den bisherigen Preisverhandlungen ein: «Den Bauern sitzen Verhandlungsprofis der Grossverteiler gegenüber, die einkaufen und eine gewisse Marktmacht haben. Da gibt es ein Ungleichgewicht.» Die Grossverteiler seien bislang professioneller gewesen, da müsse man nun besser dagegenhalten.
Der Bauernverband begleitet deshalb ab sofort die Preisverhandlungen und macht Druck in direkten Gesprächen mit den Chefs von Migros, Coop und weiteren Grossverteilern, wie Markus Ritter betont. Konkret verhandelt wird auf Ebene der einzelnen Produkte durch die Branchenorganisationen. «Wenn dort unsere Forderung nach zusätzlichen fünf bis zehn Prozent nicht aufgenommen wird, gehen wir wieder zu den Chefs von Migros und Coop.» Ritter kritisiert die Grossverteiler auch, denn deren Endpreise hätten sich stärker erhöht als die Entschädigungen an die Bauern: «Dagegen wehren wir uns».
«Ökologie kann kein Kernthema mehr sein»
Die Bauernproteste richten sich ausdrücklich auch gegen Umweltvorschriften. Und zeitigen auch hier bereits einen Erfolg: Diese Woche sprach sich der Nationalrat überraschend für einen Verzicht auf geplante neue Biodiversitätsflächen auf Ackerböden aus.
«Die Protestaktionen haben ein Umdenken bewirkt», sagt Bauernpräsident Ritter – und macht eine Kampfsage: «Wir haben in den letzten 30 Jahren sehr viel gemacht für Ökologie und Biodiversität. Das kann kein Kernthema mehr sein.» Jetzt müsse es um eine Steigerung der Produktion und Wertschöpfung gehen: «Es braucht jetzt eine gewisse Korrektur.»
Klimakleber als abschreckendes Beispiel
Beim Kampf gegen ökologische Vorgaben und beim Kampf für einen höheren Milchpreis also haben die Bauernproteste Wirkung gezeigt. Trotzdem bereiten Bauernpräsident Ritter die Aktionen auch Sorgen, weil Aktivisten vor allem in der Romandie Strassenblockaden nicht ausschliessen.
Ritter befürchtet, dass die Bauern damit Sympathien verspielen könnten. Er zieht einen Vergleich zur Klimabewegung: «Die Klimakleber wollten auf eine Problematik aufmerksam machen, mit Methoden, die auf immer mehr Unverständnis stiessen. Am Ende haben sie damit ihrem Kernziel geschadet.»