Die Geschäftsprüfungskommissionen (GPK) des Parlaments wollen dem Innendepartement von Bundespräsident Alain Berset vorgeworfene Indiskretionen untersuchen.
Zuvor hatten die GPK an einer zweitägigen Sitzung ausgelotet, welche Aspekte des Falles sie mit Rücksicht auf die Gewaltenteilung und das laufende Verfahren untersuchen können.
Alain Bersets ehemaliger Kommunikationschef Peter Lauener soll gemäss Medienberichten den Ringier-Konzern während der Pandemie mehrmals vorzeitig über geplante Corona-Massnahmen informiert haben.
Die GPK beider Räte haben eine Oberaufsicht, das sei klar, meinte Matthias Michel (FDP/ZG), Präsident der ständerätlichen GPK. «Für uns stand im Fokus: Was ist unser Spielraum, ist das tabu oder haben wir hier ein Handlungsfeld?» Dafür habe man ein Hearing mit der Bundesanwaltschaft gemacht. Die GPK beider Räte sind nun zum Schluss gekommen, eine Untersuchung zu starten, betont Michel weiter. Sie würden aber den Fächer öffnen und nähmen den Gesamtbundesrat unter die Lupe.
Die Mitglieder der Arbeitsgruppe
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Die Arbeitsgruppe setzt sich aus je drei Mitgliedern der GPK-N und der GPK-S zusammen. Einsitz haben sämtliche Fraktionen bzw. Gruppen der eidgenössischen Räte mit je einer Vertreterin oder einem Vertreter. Es sind dies:
Ständerat Philippe Bauer (FDP, NE – Präsident)
Nationalrat Thomas de Courten (SVP, BL – Vizepräsident)
Ständerat Daniel Fässler (Mitte, AI)
Ständerat Hans Stöckli (SP, BE)
Nationalrätin Katja Christ (GLP, BS)
Nationalrätin Manuela Weichelt (Grüne, ZG)
«Wir untersuchen unabhängig von der Justiz, mit unserem Mandat einer parlamentarischen Oberaufsicht.» Die Arbeitsgruppe gehe so weit wie möglich, habe sich aber selbstverständlich an rechtsstaatliche Prinzipien zu halten. Der Entscheid für eine eigene Untersuchung fiel laut Michel einstimmig.
Ziel ist: Präventive Massnahmen zu empfehlen
«Gegenstand sind mögliche Indiskretionen im Zusammenhang mit Covid-19-Geschäften des Bundesrats», sagt Michel. Es gehe darum, ein möglicherweise systematisches Vorgehen aufzudecken. Geprüft werden solle ferner die Frage, ob der Bundesrat als Gesamtgremium ausreichend dafür gesorgt habe, dass Indiskretionen unterbunden würden. Ziel sei es weiter, präventive Massnahmen zu empfehlen, dass solche Indiskretionen in Zukunft möglichst verhindert werden könnten.
«Uns geht es darum, die Institutionen zu stärken», betont Birrer-Heimo. In den Berichten der GPK gehe es um Vorschläge für Verbesserungen und nicht darum, eine strafrechtliche Verfolgung zu fördern.
Aussagen der Bundesanwaltschaft bleiben geheim
Die Aussagen der Bundesanwaltschaft, welche zuvor konsultiert wurde, seien Teil des Kommissionsgeheimnisses, betonte Michel. Hier könne keine Auskunft gemacht werden. «Wir untersuchen aber unabhängig davon, mit einem politischen Mandat und nicht mit einem strafrechtlichen Auftrag», sagt der Zuger FDP-Ständerat weiter.
Es gibt Grenzen wegen des Geheimnisschutzes bestimmter Personen und der Behörden.
Zur Frage, ob die Arbeitsgruppe auch die zurzeit gerichtlich blockierten Mails zwischen Bersets ehemaligem Kommunikationschef und Ringier-CEO Marc Walder einsehen könne, sagte Michel: «Es gibt Grenzen wegen des Geheimnisschutzes bestimmter Personen und der Behörden.» Sei nicht klar, was die Arbeitsgruppe dürfe, sei eine Expertise nötig. Über Mittel dazu verfüge sie. Angestellte der Bundesverwaltung und auch ehemalige Bundesangstellte seien zur Auskunft verpflichtet, sagte wiederum Birrer-Heimo.
SP und FDP zufrieden – SVP droht mit PUK
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SP und FDP begrüssen die Entscheidung der GPK.
Die Arbeitsgruppe solle «Abklärungen vornehmen und Klarheit in die Sache bringen», schrieb die FDP auf Twitter. Diese Untersuchung müsse die «Indiskretionen in allen Departementen einbeziehen und auch die kürzlich erfolgten Indiskretionen in der Zeitung «Schweiz am Wochenende» im Zusammenhang mit dem durch einen Sonderstaatsanwalt geführten laufenden Strafverfahren abdecken, betont die SP in einer Mitteilung.
Bei allen erfolgten Indiskretionen müsse Klarheit geschaffen werden. Die SP stehe dabei klar hinter der strikten Beachtung der Gewaltenteilung, einer Wahrung der Strafprozessrechte allfälliger Beschuldigter und begrüsse den Einbezug aller Fraktionen in die Untersuchung.
Die SVP rechnet nicht mit «substantiellen Ergebnissen» und droht mit einer Parlamentarischen Untersuchungskommission (PUK). «Das Mandat der GPK-Arbeitsgruppe ist so breit gefasst, dass bis im Sommer kaum mit substantiellen Ergebnissen zu rechnen ist», schreibt SVP-Fraktionschef Thomas Aeschi (ZG) auf Twitter. Liege bis dann keine «saubere Abklärung» vor – zum Beispiel: «Was wusste Alain Berset wann?» – behalte sich die SVP die Forderung nach einer PUK vor.
Die GPK nähmen die Untersuchungsaufgabe mit aller Sorgfalt an, sagte Michel. Etwas komplex sei, «dass wir nicht in freiem Feld handeln». Es gebe laufende Verfahren wegen Amtsgeheimnisverletzung. «Da gibt es Abgrenzungsfragen», sagte er und erinnerte an die Gewaltenteilung.
Eine Parlamentarische Untersuchungskommission (PUK) kann nicht auf Antrag der GPK eingesetzt werden, erklärt Birrer-Heimo. Dies müsse auf Antrag der Ratsmitglieder geschehen. «Diesen ist es selbstverständlich überlassen, einen solchen Antrag im Rat zu stellen.»
Darum geht es bei den Corona-Indiskretionen
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Die Zeitung «Schweiz am Wochenende» enthüllte, der frühere Kommunikationschef von Bundesrat Alain Berset, Peter Lauener, habe dem Verlagschef von Ringier, Marc Walder, während der Corona-Pandemie vertrauliche Informationen zugespielt.
Zwischen dem damaligen Pressesprecher und dem Ringier-CEO sollen laut Medienberichten 180 Kommunikationsvorgänge dokumentiert sein. Dies würden Mails und Einvernahmeprotokolle zeigen. Der «Blick» soll damit mehrmals vorzeitig über Entscheide des Bundesrats informiert gewesen sein und diese publik gemacht haben.
Mittlerweile befassen sich bald drei Sonderermittler mit der Angelegenheit. Sonderermittler Peter Marti wurde von der Aufsichtsbehörde über die Bundesanwaltschaft eingesetzt, um Indiskretionen im Zusammenhang mit der Krypto-Affäre zu untersuchen. Seine Ermittlungen dehnte er in der Folge in Absprache mit der Aufsichtsbehörde auch auf mögliche Leaks während der Corona-Zeit aus.
Dadurch geriet Lauener als damaliger Kommunikationschef von Bundesrat Berset ins Visier von Sonderermittler Marti. Lauener reichte deshalb gegen diesen Strafanzeige ein. Der Vorwurf: Marti habe seine Ermittlungen unrechtmässig ausgeweitet.
Als Folge dieser Anzeige ermittelt der ausserordentliche Staatsanwalt Stephan Zimmerli gegen Peter Marti.
Schon bald könnte ein dritter Sonderermittler seine Arbeit aufnehmen. Dieser soll die jüngsten Leaks aus der Justiz an die Medien untersuchen. Auch hier gilt die Unschuldsvermutung.
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