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Unwetter im Maggiatal Neun Menschen harren nach Jahrhundertunwetter im Bavonatal aus

Seit dem verheerenden Unwetter im Juni wirkt das Bavonatal im oberen Maggiatal menschenleer. Der Zugang ist für Auswärtige gesperrt. Restaurants und Unterkünfte sind geschlossen. Doch das Tal ist nicht verlassen: Neun Menschen trotzen den widrigen Bedingungen – auch jetzt im tiefen Winter.


Lukas Dreyer stapft durch den Schnee, der sich wie ein dicker Teppich über den kleinen Weiler Fontana gelegt hat. Alles wirkt friedlich, fast idyllisch.

Mann im Wintermantel steht im verschneiten Gelände.
Legende: Lukas Dreyer ist nach den Unwettern im Sommer der letzte ständige Bewohner des Weilers Fontana im Bavonatal. Er will bleiben. Iwan Santoro/SRF

Doch die Ruhe täuscht. «Vor einem halben Jahr hat die Schlammlawine mein Auto mitgerissen», erzählt der pensionierte IT-Fachmann und zeigt Richtung Berg. Nur sein Haus, keine 15 Meter entfernt, blieb unversehrt – im Gegensatz zu anderen Gebäuden im Tal.

Der letzte Bewohner von Fontana

«Es hat sich angefühlt wie ein Erdbeben», erinnert er sich an die Nacht Ende Juni. Damals stürzte eine gewaltige Schlammlawine ins Tal, ausgelöst durch heftige Regenfälle.

Luftaufnahme eines Bergrutsches über dörflichem Gebiet in felsiger Landschaft.
Legende: Eine Geröll- und Schlammlawine ungewohnten Ausmasses donnerte Ende Juni beim Weiler Fontana im Bavonatal ins Tal. Keystone/Samuel Golay

Drei deutsche Touristinnen verloren in Fontana ihr Leben. Insgesamt kamen sieben Menschen ums Leben. Eine Person – ein Jugendlicher aus der Region – wird immer noch vermisst. Dreyer hatte Glück. Bereits drei Wochen nach der Katastrophe zog er zurück in sein Haus – als einziger ständiger Bewohner von Fontana.

Es hat sich angefühlt wie ein Erdbeben.
Autor: Lukas Dreyer Bewohner Weiler Fontana im Bavonatal

Angst, dass sich das Drama wiederholen könnte, hat er nicht. «Die Gefahr ist jetzt gebannt», sagt er überzeugt.

Ein Leben zwischen Naturgewalt und Existenzangst

Sieben Kilometer weiter oben im Tal, im Weiler Sonlerto, lebt Silvana Rodriguez mit ihrem Partner und ihrer fünfjährigen Tochter. Auch sie hat keine Angst vor der Natur, obwohl das Bavonatal schon mehrfach von Erdrutschen heimgesucht wurde.

Person steht auf verschneitem Treppenabsatz vor einem kleinen Gebäude.
Legende: Silvana Rodriguez betreibt in Sonlerto im Bavonatal ein Bed and Breakfast und einen Kiosk. Seit einem halben Jahr kommen keine Touristen mehr. Dennoch will sie bleiben. Iwan Santoro/SRF

«Wer hier lebt, akzeptiert, dass die Natur stärker ist als wir», sagt sie. Was Silvana jedoch Sorgen bereitet, sind die Finanzen. Sie betreibt ein kleines Bed and Breakfast und einen Kiosk – beides ist seit dem Unwetter geschlossen.

Wer hier lebt, akzeptiert, dass die Natur stärker ist als wir.
Autor: Silvana Rodriguez führt ein Bed&Breakfast in Sonlerto, Bavonatal

Ihr Partner pendelt für eine Teilzeitstelle nach Zürich, doch das reicht nicht aus, um die Familie über den Winter zu bringen.

Maggiatal will mehr Hilfe vom Bund

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  • Die Gesamtschäden im Maggiatal werden auf über 100 Millionen Franken geschätzt.
  • Der Bund will für den Wiederaufbau der betroffenen Gemeinden Cevio und Lavizzara sieben Millionen Franken beisteuern.
  • Die Tessiner Regierung gibt nicht auf und will bei einem Treffen mit dem Bundesrat im 2025 mehr Unterstützung herausholen.

«Wir hoffen auf die Gelder der Glückskette. Ohne Hilfe weiss ich nicht, wie wir bis zum Frühling durchkommen sollen», sagt Silvana Rodriguez.

Holzschilder im Schnee.
Legende: Sonlerto blieb von den Unwettern verschont. Dennoch ist an eine Beherbergung von Gästen nicht zu denken. Seit Ende Juni ist der Zugang für Touristen ins Tal gesperrt – noch mindestens bis im Frühling. Iwan Santoro/SRF

Trotz der angespannten Situation wollen Silvana und ihre Familie nicht wegziehen. «Das ist unser Zuhause. Ich will nicht mit meinem Kind in einer Stadt leben», betont sie.

Das Bavonatal ist für die Zugezogenen ihre Heimat

Nach den Unwettern entbrannte in der Schweiz erneut die Diskussion, ob es wirtschaftlich überhaupt sinnvoll ist, Täler wie das Bavonatal weiterhin zu bewohnen. Lukas Dreyer sieht das anders. «Man darf das Tal nicht einfach aufgeben», sagt er entschieden. Für ihn und die anderen Bewohner ist das Bavonatal mehr als nur ein Lebensort – es ist Heimat.

Echo der Zeit, 26.12.2024, 18 Uhr

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