Nicht einmal einen ganzen Tag waren die Zölle von 31 Prozent in Kraft. Auf die Frage, ob er erleichtert sei, sagte Bundesrat Guy Parmelin, Chef des Wirtschaftsdepartements, an der Medienkonferenz: «Das Glas ist halb voll und halb leer.» Obwohl die 31 Prozent nun nicht in Kraft treten, bleibt ein Zollsatz von 10 Prozent. Also deutlich mehr für die Schweizer Wirtschaft, denn bisher gab es keine Industriezölle. Doch immerhin seien 10 Prozent das kleinere Übel, betonte Parmelin.
Der Bundesrat begrüsse diese verringerte «Strafe», wenn er das so sagen dürfe, meinte Guy Parmelin. Die Schweizer Unternehmen hätten wieder gleich lange Spiesse wie Grossbritannien oder die EU, die bei den Zollankündigungen vergangene Woche besser weggekommen waren.
Schweiz geht vor Trump nicht auf die Knie
Parmelin wollte sich nicht dazu äussern, ob das Telefongespräch zwischen Donald Trump und Bundespräsidentin Karin Keller-Sutter geholfen habe, die Zölle abzuwenden. Er stellte jedoch klar, dass derzeit Diskussionen laufen würden, aber noch keine Verhandlungen. Noch am Mittwochabend liess sich US-Präsident Trump über diese Kontaktversuche aus. Vor republikanischen Kongressabgeordneten sagte er, dass die Länder ihm den Hintern küssen würden und alles täten, um einen Deal abschliessen zu können.
Der Bundesrat arbeitet für das allgemeine Interesse der Bevölkerung und des Landes, nicht mehr und nicht weniger.
Die Schweiz werde keinen solchen Kniefall machen, sagte Parmelin. «In der Schweiz gibt man sich normalerweise Küsschen zur Begrüssung, auf die Wange oder den Mund», so der Wirtschaftsminister mit Waadtländer Schlagfertigkeit. Ob sich die Schweiz den Gegenmassnahmen der EU anschliessen werde, wie die SP und die Grünen dies forderten, liess er offen: «Der Bundesrat arbeitet für das allgemeine Interesse der Bevölkerung und des Landes, nicht mehr und nicht weniger.»
Bundesrat hält sich bedeckt
Noch vergangene Woche hatte der Bundesrat bekannt gegeben, dass «zurzeit keine Gegenmassnahmen» vorgesehen seien. Das Wort Gegenmassnahmen wiederholte Bundesrat Guy Parmelin heute nicht.
Offen bleibt damit, ob Staatssekretärin Helen Budliger Artieda, die in Washington derzeit für die Interessen der Schweiz wirbt, den USA allenfalls etwas androht oder was sie in den Gesprächen anbietet. «Staatssekretärin Budliger hat der amerikanischen Seite mögliche Themenfelder für inhaltliche Diskussionen aufgezeigt. Der Bundesrat kennt diese Felder natürlich. Doch bis jetzt sind keine Verhandlungen im Gange», so Parmelin.
Unter anderem werde auch über Investitionen der Schweizer Wirtschaft in den USA diskutiert, so Parmelin. Näher ging er nicht darauf ein. Der Bundesrat will sich im Machtpoker mit Trump nicht in die Karten blicken lassen.